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Pinochet

Eine Reise durch Chile wäre unvollständig, würde man sich nicht auch mit seiner Geschichte beschäftigen, insbesondere mit der jüngeren Geschichte nach der Unabhängigkeit von Spanien ab 1818, der Wahl des weltweit ersten demokratisch gewählten marxistischen Präsidenten Salvador Allende 1970 und dem Militärputsch vom 11. September 1973, der einen gewissen Augusto Pinochet an die Macht brachte.

Widerstand und Meinungsäußerung durch Street-Art – in der Welthauptstadt des „Arte Urbano“ – Valparaiso – in fast jeder Gasse zu finden …

Wo kann man sich zudem besser mit diesem dunklen Teil der chilenischen Geschichte – der Militärdiktatur unter Pinochet – auseinander setzen, als hier im so wunderbar chaotischen und einmaligen Valparaiso, dem zentralen Ort chilenischen Widerstands zur Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit, Demokratie und Freiheit. Wie wir bei der heutigen Free-Walking-Tour von unserem Guide erfahren haben, ist die chilenische Geschichte der Zeit nach Allende in der Bevölkerung kaum bekannt, ebenso die unbeschreiblichen Greueltaten, die in den 17 Jahren der Militärdiktatur geschehen sind.

Am besagten 11. September 1973 inszenierte der damalige Innenminister Augusto Pinochet einen Militärputsch und forderte Allendes Rücktritt. Dieser weigerte sich jedoch, seinen Posten zu verlassen. Daraufhin befahl Pinochet der Armee, den Präsidentschaftspalast La Moneda zu bombardieren, in dem sich Allende mit seiner Familie und engsten Vertrauten befand. 

Während des Gefechts beging Allende in der Moneda Selbstmord. Innerhalb von Stunden besetzte Pinochets Militär sämtliche Institutionen. In den Tagen nach dem Putsch spürte das Militär die Anhänger Allendes auf und verhaftete sie. Im Nationalstadion der Hauptstadt wurden Tausende von Häftlingen festgehalten und teilweise an Ort und Stelle ermordet.

Die ehemalige Haftanstalt Càrcel – heute als Museum und Kulturzentrum Valparaisos eindrucksvolles Mahnmal der Pinochet-Diktatur

Viele Chilenen hofften zwar, dass es nach dem Putsch bald wieder zu freien Wahlen kommen würde. Pinochet blieb jedoch bis 1989 an der Macht und wurde einer der gewalttätigsten Diktatoren in der Geschichte Lateinamerikas. Er machte Allendes Politik rückgängig, etablierte eine freie Marktwirtschaft und weitere tiefgreifende Veränderungen. Der Diktator eliminierte den Kongress, verbot linke Parteien und fast alle politischen Aktivitäten. Oppositionelle wurden brutal unterdrückt und ermordet. 

Der Nationale Geheimdienst (Dirección de Inteligencia Nacional, DINA) hielt politische Gefangene in verschiedenen Teilen des Landes in Haft- und Folterzentren fest, darunter auch die deutsche Gemeinde Colonia Dignidad. Ungefähr 35.000 Menschen wurden in den 17 Jahren der Diktatur gefoltert oder ermordet. Weitere 3.000 Personen gelten bis heute als vermisst. Sie werden als Desaparecidos bezeichnet. Angehörige wissen teilweise bis heute nicht, was mit ihnen passiert ist. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass sie vom Geheimdienst verhaftet oder entführt und anschließend ermordet wurden.

Valparaiso – eine wunderbar schräge, chaotische und einzigartige Stadt am Pazifik

Noch bevor Pinochet im Jahr 1990 nach den in 1989 statt gefundenen ersten freien Wahlen seit fast 20 Jahren, bei denen sich der Christdemokrat Patricio Aylwin durchsetzte, den Präsidentenpalast verließ, baute er diverse Klauseln in die Verfassung ein, die ihn immun gegen Strafen für seine Taten machten. Außerdem blieb er Oberbefehlshaber der Armee. Der Ex-Präsident blieb ungestraft, bis er 1998 auf Ersuchen des spanischen Richters Baltasar Garzón in London festgenommen wurde. Da viele verschiedene Länder beteiligt waren, wurde das Verfahren jedoch immer wieder verschoben. Pinochet starb am 10. Dezember 2006 im Alter von 91 Jahren, noch bevor er verurteilt wurde.

Vom Dunklen zurück ins Bunte … hier eine Kollektion der tollen Street-Art-Malereien in den Gassen Valparaisos:

Die in der Mitte ist echt 😜

Besuch bei Freunden

Die letzten sieben Tage sind wir gemütlich die Pazifikküste nordwärts entlang getuckert … immer die „Ruta del Mar“ im Blick. Wie eine Perlenkette ziehen sich die (meistens von Vulkanasche schwarzen) Traumstrände, pittoresken Fischerörtchen und sanften und grünen Hügel der Küstenkordillere Richtung Norden. Unbeschreiblich sind die teils spektakulären Sonnenuntergänge weit im Westen des pazifischen Horizonts … wir können uns daran nicht satt sehen.

Abwechslung boten so betriebsame Örtchen, wie Pichilemu, die sich selbst die Welt-Hauptstadt des Surfings nennt. Es ist schon atemberaubend, die haushohen Pazifikwellen kilometerweit draußen auf dem Meer bereits anrollen zu sehen … mittendrin wie Ameisen die Surfer. Kommt dann die perfekte Welle, schwingen sie sich auf ihr Brett und reiten die Wellen in gekonnten Schwüngen minutenlang bis in Strandnähe … Adrenalin pur, kann ich mir vorstellen.

Pichilemu – Capital Mundial del Surf 😎

Mein Respekt ist diesen Sportlern sicher, hatte ich bereits 1996 auf Hawaii leidvoll die Urgewalt pazifischer Wellen erleben dürfen. Damals dachte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn, daß ich das, was die können, auch locker kann. Nix da! Statt durch die Welle durch zu tauchen, brach die erste mehrere Meter hohe Welle direkt über mir. Das ganze wiederholte sich mehrmals, ich bekam nur kurz zwischendurch Luft, wurde umher geschleudert und konnte mich glücklicherweise mit allerletzter Kraft in seichteres Gewässer retten. Seitdem habe ich als jahrelanger Scuba-Taucher gelernt, enormen Respekt vor der Gewalt des Meeres zu haben …

Mittlerweile befinden wir uns in den rund 100 km westlich liegenden Urlaubsorten Santiago de Chiles kurz vor der Pazifik-Metropole Valparaiso. Konnten wir weiter im Süden problemlos überall sicher stehen, sieht es hier anders aus. Der regelmäßige Ansturm der Hauptstädter auf die Küstenorte motiviert Langfinger und Diebe, hier ihr Unwesen zu treiben. Insofern sind wir sensibilisiert, unseren geliebten Chop-Chop hier keine Minute aus den Augen zu lassen … einschlägige Berichte in iOverlander bestätigen uns hierbei explizit.

Man lernt auf einer Reise wie unserer sehr schnell, ein gutes Auge für die Umgebung, das Verhalten der Menschen und demnach für die eigene Sicherheit in oft täglich neuen Situationen und Regionen zu entwickeln. Dies ist umso wichtiger, als daß wir fast ausschließlich frei stehen. Einerseits haben die meisten Campingplätze sowieso geschlossen, andererseits liegen die schönsten Plätze oft woanders. In den ganzen vier Monaten unserer bisherigen Reise haben wir ganze 3 Nächte auf einem Campingplatz gestanden … 2 Nächte zur Vorbereitung vor der Abreise auf die Osterinsel und 1 Nacht nach der Rückkehr spät abends …

Eine Familie zum Knutschen … v.l.n.r.: Javier, Jeanette, Jorge und Rafael

Apropos Valparaiso und apropos Osterinsel … erinnert ihr euch an Jorge, Jeanette und ihre beiden Kinder Javier und Rafael? Die wohnen in Valparaiso. Damals auf der Osterinsel hatten wir uns angefreundet und durften an ihrer Hochzeit teilnehmen. Der Abschied fiel damals schwer aber umso leichter, als das ein Wiedersehen in Aussicht stand … nämlich nächstes Wochenende bei ihnen zuhause in Valparaiso!

Rafael freut sich schon – aber hört selbst 😁:

Nachricht von Rafael, den Natalie in ihr Herz geschlossen hat … voll süß!

Ruta del Mar

Nachdem wir am Wochenende dem Archipel Chiloé bye-bye gesagt haben, richteten wir unseren Blick direkt nach vorne … bzw. nach Norden. Vor uns lag erneut die Schlagader Chiles, die Ruta 5 – auch Panamericana genannt. Diese führt vertikal durchs ganze Land, von Arica im Norden bis hinunter zu uns in Puerto Montt … 3.363 Kilometer parallel auf der Westseite der Anden entlang. Wir fahren zwar nicht ganz die 3.363 Kilometer nach Arica rauf – siehe vorherigen Bericht, Stichwort: Routenänderung – aber rund 2.100 Kilometer werden es wohl bis zum 4.726 Meter hoch im Herzen der Anden liegenden Paso San Francisco, der uns in einigen Wochen wieder nach Argentinien rüber bringt.

Rund 700 Kilometer davon – also ein Drittel – haben wir bereits seit Chiloé hinter uns gebracht. Wir verbinden die Fahrt immer mal wieder mit Abstechern nach Westen an die Pazifikküste, um mal mehr, mal weniger lange Abschnitte an der Küstenstrasse Richtung Norden zu fahren … zumindest dort, wo möglich …

Im Süden wird die Ruta 5 auch „Ruta de los Volcanos“ genannt (hier der Conguillio) …

So fuhren wir über Puerto Varas im Urlaubsmekka Chiles, dem Seen- und Vulkangebiet rund um den Vulkan Osorno, nach Bahia Mansa an den Pazifik. Von hier kann man Boote anheuern, um einem der schönsten und auch unbekanntesten Orte der Welt einen Besuch abzustatten – Caleta Condor. Leider hatte sich für uns das Wetter noch nicht wirklich gebessert. Die Regenwolken – seit Chiloé penetrant im Schlepptau – verhagelten uns auch diese Tour … im wahrsten Sinne des Wortes.

Vanlife ist halt ein Outdoor-Sport und man ist mit seinem rollenden Domizil auf Gedeih und Verderb dem Wetter ausgeliefert … inklusive immer noch tropfender Dachluke. An Reparatur ist bei Regen ja ebenfalls nicht zu denken.

Was macht der gemeine Mitteleuropäer also bei Mistwetter? Er geht in den Baumarkt shoppen! Ebenso wir … Sodimac heißt der toom hier und ist exzellent ausgestattet. Sowohl fachlich, was zu erwarten war, als auch infrastrukturell. Freies Breitband-WLAN, Toiletten, Cafeteria und sogar eine Co-Working-Area gibt es hier … da lässt es sich locker einen verregneten Tag aushalten.

Vom Sodimac in Temuco ging es gestern zu einem weiteren Ausflug an die Pazifikküste – nach Concepción und dem vorgelagerten Playa Lenga. Und dort hatten wir sie wieder – die Sonne ☀️! Als hätte sie ein schlechtes Gewissen, hat sie uns nach 1,5 Regenwochen pünktlich zum Maifeiertag den ganzen Tag mit herrlichstem Wetter beglückt … so schööööön …

Jetzt aber zum Titel dieses Beitrags. In Concepción beginnt sie nämlich, die Ruta del Mar. Eine „Scenic Route“, die sich über rund 350 (!) Kilometer an der Pazifikküste an malerischen Fischerorten vorbei und an verträumten Buchten entlang gen Norden schlängelt.

Wie gemacht für uns!

Der erste Abschnitt führte uns heute bei erneutem Kaiserwetter von Concepción bis ins etwa 100 Kilometer nördlich gelegene pittoreske Pazifik-Dorf Cobquecura an den dortigen Playa Loberia. Der Playa hat seinen Namen von den wenige Meter vorgelagerten „Isoletes de la Loberia“. „Ein kahler Felsen“, würde der Ahnungslose sagen. Keineswegs! Auf dem kahlen Felsen lebt nämlich eine Seelöwen-Kolonie, die ordentlich Krawall macht …

So verbringen wir die heutige Nacht an diesem skurrilen Strand, 20 Meter von der Brandung des Pazifiks entfernt und lauschen den Wellen und dem Heulen der Seelöwen … gute Nacht! 💤

Routenänderung

Das Patagonien für sein wildes, wechselhaftes, stürmisches und regenreiches Wetter berüchtigt ist, ist kein Geheimnis. Ebenso wenig, daß es in der Antarktis die meiste Zeit im Jahr kalt ist. Aber wann wird es bei denen endlich wieder wärmer, werdet ihr euch fragen. Wir fragen uns das auch 😜!

Nach nunmehr mehr als zwei Monaten in eher kälteren Gefilden könnten wir gut mal wieder Wärme vertragen, schließlich sind wir doch in Südamerika! Nicht, daß dies unsere primäre Motivation gewesen wäre, unsere Routenplanung zu überdenken aber vielleicht hat dies bei unserer Entscheidung, die Route umzuplanen, auch eine klitzekleine Rolle gespielt 😉. Primär sind es jedoch andere Gründe, die uns dazu bewegt haben, eine alternative Reiseroute in Erwägung zu ziehen.

Ursprünglich hatten wir geplant, nach der Antarktis-Tour von Ushuaia aus mit wenigen Ausnahmen die klassische Südamerika-Rundreise zu machen – im Uhrzeigersinn. Anden-Strecke hoch nach Norden, bis es nicht mehr weiter geht. Dann hart süd-westlich, rein ins Amazonasgebiet und weiter an die brasilianische Atlantikküste. Anschließend südwärts bis Uruguay und von dort Chop-Chop zurück verschiffen.

Pustekuchen!

Uns ließ in den letzten Wochen der Gedanke nicht los, die Panamericana (wann auch immer) zu ende zu fahren. In den letzten Wochen hatte ich zudem zahlreichen Kontakt mit Hansjörg von der Finca Sommerwind in Ecuador. Primär wegen der gegenwärtigen Einreiseproblematiken für Overlander in Ecuador – aber darum soll es hier nicht gehen. In Kombination mit den o.g. Gedanken, keimte in mir die Idee, die 3.500 Euro für die Rückverschiffung zu sparen und Chop-Chop 1-2 Jahre im nördlichen Teil Südamerikas stehen zu lassen. Mit dem Ziel, von dort aus – wann auch immer – nach Mittelamerika / Panama zu verschiffen, um von dort aus die Panamericana Norte … ja genau … in Richtung Norden zu bereisen. Optional haben wir durch diesen „Kniff“ ebenso die Möglichkeit, Chop-Chop in Südamerika zu veräußern, sollten sich unsere Pläne ändern. Der Bedarf an offroad-tauglichen Fernreisemobilen direkt vor Ort auf dem Kontinent der geplanten Reise ist enorm. In zahlreichen einschlägigen Foren existieren explizite Börsen, die Angebot und Nachfrage zusammen bringen!

So hatte ich in der Diskussion mit Hansjörg sehr schnell Klarheit darüber, ob und wie eine (üblicherweise auf 90 Tage begrenzte) dauerhafte Einfuhr von Chop-Chop in Ecuador möglich ist … sie ist es! Semi-legal natürlich … Südamerika halt 😎

Was hat dies nun mit Sonne, Wärme und Routenänderung zu tun, werdet ihr euch vielleicht fragen? Vielleicht aber auch nicht, wenn ihr 1 + 1 zusammen rechnen konntet …

Nun, Endpunkt unserer Reise ist nach obigen Ausführungen nicht mehr Uruguay (Rückverschiffung von Chop-Chop), sondern Nord-Ecuador (dauerhafte Einlagerung von Chop-Chop). Folglich werden wir in Nord-Chile hart rechts abbiegen, nach Nord-Argentinien ein- und dieses bereisen, um dann in den mitteleuropäischen Sommermonaten Brasilien folgen zu lassen. Ihr wißt schon, Copacabana, Zuckerhut, Caipirinha, weiße Strände und Wärme … vielleicht auch Hitze …

Auf die Antwort, wann es denn nun für uns wieder wärmer wird, gibt es also eine klare Antwort. Grundsätzlich wärmer wird es für uns ab Montag jeden Tag, da wir gen Norden Richtung Äquator unterwegs sind. Spätestens jedoch ab Nord-Chile und Nord-Argentinien (ab etwa zweite Mai-Hälfte) hat uns der Sommer wieder … danach gehts ins (sub-) tropische Klima Brasiliens ☀️🐚🏖️🏝️🌊

Für Sommer-Feeling bitte auf die Flagge klicken 🌴

Chiloé

Geschafft! 1.240 Kilometer wilde Fahrt durch eine wilde und einzigartige Landschaft mit tollen Erlebnissen und Eindrücken liegen seit gestern hinter uns – die Carretera Austral …

Mit Ankunft in Puerto Montt erreichten wir auch Kilometer 0 der legendären Route. Eine außergewöhnliche Fahrt, die selbst ich so noch nicht erlebt habe. Einsamkeit, Wildnis, ja, teilweise ein Gefühl, der Natur ausgeliefert zu sein. So oder so ähnlich müssen sich die ersten Siedler gefühlt haben, egal ob genau hier, im Wilden Westen Nordamerikas oder im Outback Australiens.

Von Süd-Osten kommend ging es gestern Abend für uns von Puerto Montt Richtung Süd-Westen weiter. Ziel: das Archipel Chiloé. Die Inselgruppe ist weltweit bekannt für ihre typischen Holzkirchen, von denen 16 Kirchen im Jahr 2000 in das UNESCO-Weltkulturerbe „Kirchen von Chiloé aufgenommen wurden.

Die Isla Grande de Chiloé ist gerade einmal 180 Kilometer lang und ist dem Regen des Pazifik schutzlos ausgeliefert …

Bei den Holzkirchen handelt es sich um Jesuitenkirchen. Die Jesuitenpriester, die ab 1608 nach Chiloé kamen, wollten die im Archipel ansässige indigene Bevölkerung missionieren und errichteten dazu ein ganzes Netzwerk von Holzkirchen auf den Inseln. Diese neuartige Sakralarchitektur gründete auf dem Stil der Jesuitenkirchen im Mitteleuropa des 17. Jahrhunderts.

Im Schnelldurchlauf die 16 Kirchen, welche in das UNESCO-Welterbe aufgenommen wurden …

Die chilotische Kultur hat einen in Südamerika einzigartigen Charakter, der sich in Architektur, Küche und Spiritualität widerspiegelt. All dies eingebettet in feuchte, grüne und windumtoste Landschaften mit Hügeln, entlegenen Nationalparks und dichten Wäldern bekamen wir vom ersten Tag an zu spüren. Chiloé ist außerordentlich feucht und Regen ist überaus häufig (im Norden bei Ancud fallen jährlich 2035 mm). So fing unser erster Tag auf der Isla Grande heute mit … genau … Regen an. Jedoch nicht nur außerhalb des Wohnmobils, nein. Chop-Chop war offensichtlich dermaßen beeindruckt von der Feuchtigkeit hier, daß es heute Morgen vor dem Frühstück gar durch unsere Dachluke tropfte. Oje! Ein Blick auf die Wetterprognose der nächsten Tage verhieß ebenfalls nichts Gutes – Regen, Regen und nochmal Regen. Da werde ich mir die Dachluke wohl mal genauer anschauen müssen. Dichtmittel und Silikon-Pistole habe ich selbstverständlich in weiser Voraussicht eingepackt 😎.  

Auf Chiloé regnet es so viel, da verstecken sich selbst die Hühner 😂

Eine Woche mit uns … auf der Carretera Austral

Ruta bimodal, so nennen die Chilenen ihre Ruta 7, die Carretera Austral, da Teile der Strecke in Ermangelung einer Strasse immer wieder mal mit der Fähre zurückgelegt werden müssen. Wir empfinden es als Abwechslung vom Fahralltag. Waren es auf den meisten „normalen“ Strassen 300 – 400 Kilometer, die man gut am Tag zurücklegen konnte, so sind es auf der Carretera Austral gerade mal höchstens 200 – 250 Kilometer. Große Teile der Route sind nicht asphaltiert und aufgrund der regenträchtigen Westwinde ist das Wetter auf der Fahrt entsprechend feucht – die Fahrbahn ebenso. Zahllose Kurven über Berg und durch Tal lassen zudem keine durchgängige Tempomat-Fahrt zu, ständig muß man abbremsen, beschleunigen, Schalten, hoch, runter … hatte ich erwähnt, daß mein nächstes Wohnmobil Automatik-Getriebe haben wird?

All das nimmt man gerne in Kauf für diesen spektakulären Roadtrip durch Chiles großen Süden!

Impressionen von der Carretera Austral – enjoy!

Offiziell erstreckt sich die Carretera Austral über 1.240 Kilometer von Puerto Montt im Norden bis nach Villa O’Higgins im Süden. Da wir die Strecke von Süden nach Norden fahren und mit der Fähre in Puerto Yungay ankamen, haben wir es uns erspart, die 100 Kilometer wieder Richtung Süden nach Villa O‘Higgins zu fahren. Also ab gen Norden … äh, bzw. erst nach Westen … Caleta Tortel war unsere erste Station.

Carretera Austral – Richtung Cochrane und dann immer geradeaus 😎

Ein Netzwerk knarrender Holzstege säumt das milchige Wasser der von Gletschern gespeisten Meerenge, in der das malerische Dorf Caleta Tortel tief im chilenischen Süden liegt. Strassen gibt es keine, bis auf eine … die Zufahrtsstrasse, die an einem Kreisel am Ortseingang endet. Die Lage an der Mündung des Rio Baker, des größten Flusslaufs Chiles, und eingebettet zwischen zwei Eisfeldern macht das chilenische Venedig so idyllisch. Das zum Nationaldenkmal erklärte Fischerdorf schmiegt sich in Schleifen rund um einen Steilhang und war für uns ein wahrhaft einzigartiger Ort, den wir am Wochenende ausgiebig zu Fuß auf dem weitläufigen Holzstege-Netz und auf Wanderungen durch die Wildnis erkundeten.

Ein wenig zur Geschichte Caleta Tortels: Ursprünglich ließen sich hier Angehörige der indigenen Gruppe der Kawesqar nieder, ein Seenomadenstamm, der mit Kanus umherzog. Sie wurden hier sesshaft und ihnen folgten erst 1955 erste Siedler in diese abgelegene und unwirtliche Gegend.

Caleta Tortel liegt idyllisch an der Mündung des Rio Baker – größter Fluss Chiles

Von Caleta Tortel ging es am vergangenen Sonntag dann richtig los auf der Carretera: Richtung Norden nach Cochrane – Tankstop. Dann weiter Richtung Puerto Rio Tranquilo am Lago General Carrera. Bis dahin kamen wir jedoch nicht mehr. Da bereits die Dämmerung einbrach, blieben wir kurzerhand an einem wunderschönen Platz direkt nach der Brücke über den Lago am Ufer des größten Sees Chiles stehen. Am nächsten Morgen wurden wir für diese Entscheidung mit einem spektakulären Sonnenaufgang über dem Lago belohnt … es sollte nicht die einzige spektakuläre Erfahrung dieses besonderen Montags bleiben.

Ziel für den Montag waren die Marmorhöhlen im Lago in der Nähe von Puerto Rio Tranquillo – siehe separaten Bericht Capillas de Marmol. Ein spektakuläres Naturschauspiel, vor allem mit dem Kajak! Den Nachmittag verbrachten wir bei herrlichem Wetter mit Stellplatz am Strand des kleinen Touristen-Örtchens Puerto Rio Tranquilo. War wirklich sehr „tranquillo“ dort 😉. Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen, der Körperpflege nachzukommen und mich in die eiskalten Fluten des von Gletscherwasser gespeisten Lagos zu stürzen. Das ich der einzige Badegast war, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen. Aus den ungläubigen Blicken der anderen Strandgäste war deutlich die Unverständnis für ein freiwilliges Bad im eiskalten Wasser zu erkennen. Die haben ja keine Ahnung! 😂

So blieben wir auch über Nacht an diesem friedlichen Stellplatz mit „Free WiFi“ von der angrenzenden COPEC-Tankstelle.

Am Dienstag ging es für uns gemächlich 100 Kilometer weiter in den Parque Nacional Cerro Castillo. Ein einheimischer Chilene, den wir auf der Fahrt von Puerto Yungay nach Caleta Tortel aufgrund eines kapitalen Motor-Schadens an seinem Wohnmobil mitgenommen hatten, meinte, daß dieser Nationalpark ein echter Insider-Tip sei und er ihn sogar schöner fände, als den grandiosen Torres del Paine Nationalpark. Aha! Diese gewagte These galt es, zu überprüfen!

Parque Nacional Cerro Castillo in Herbstfarben – wunderschön

So machte ich mich am Mittwochmorgen um 8.30 Uhr auf den Weg. Wir fuhren zunächst mit Chop-Chop zum Startpunkt einer Wanderung, die als die steilste im Parque Nacional galt, den Sendero Laguna Cerro Castillo. Natalie winkte bei der Vorstellung von zu überwindenden 1.150 Höhenmetern auf 6,5 Kilometer Strecke dankend ab: „Ich bleibe lieber im Wohnmobil und passe auf, daß nichts passiert“. Valider Einwand! In dieser Einöde ist die Gefahr sicher nicht zu unterschätzen 😁. Spaß beiseite, einfache Wanderungen macht Natalie gerne mit, sie liebt die Natur ja auch. Aber sie kennt auch ihre Grenzen – und dieser Trail war weit jenseits dieser …

Ganze 2:45 Stunden brauchte ich hoch zum grandiosen Mirador mit Blick über einen türkisblauen Gletschersee vor der majestätischen Felswand des Cerro Castillo mit seinem hängenden Gletscher, der wie eine Zunge vom Berg herunter ragt. Genial!

Nach 1.100 Höhenmetern Aufstieg am Mirador angekommen – was für ein Panorama!

Aufgrund meiner leidigen Knieprobleme sind meine Abstiege grundsätzlich qualvoller als die Aufstiege. Sei‘s drum! Augen zu und durch … so war ich gegen 15.00 Uhr zurück – und zwar im Jeep. Nach der Rangerstation am Trailhead konnte ein junger Chilene aus Santiago mit seinem Jeep mein leidvolles Gehumpel wohl nicht mit ansehen: „Do you need a lift?“ … Aber sowas von 😎 …

Als Entschädigung für die Mühen gab‘s nach meiner Rückkehr einen Belohnungs-Doppelpack: Badespaß und Abkühlung im Gebirgsbach im Dorf Villa Cerro Castillo (wie sollte das Kaff auch sonst heißen). Dort hatten wir am Vortag bereits gebadet, ich, Natalie und Chop-Chop. Naja, Chop-Chop wurde gebadet … Grundreinigung von innen und außen! Anschließend ging‘s in die coolste Burgerbude südlich des Äquators: FoodTruck „La Cocina de Sole“ … der Name ist dort Programm …

Am Donnerstag wurde Strecke gemacht, ist ja relativ, wie erwähnt. Wir schafften es dennoch bis hoch in den Parque Nacional Queulat mit sattgrünen farnbewachsenen Regenwäldern, Wasserfällen, Hängegletschern und … Thermen. Meine müden Beine brauchten nach der Bergtour zweifelsfrei Wärme, die gab es dort in den Thermalbecken reichlich. 30.000 chilenische Pesos (rund 30 Euro) pro Person sind zwar kein Pappenstiel aber meine Mutter meinte, wir sollen uns mal was Feines von ihrem „Ostergeld“ gönnen. Na, wenn Mutter das sagt …

Der Freitagvormittag in der Therme war mega-entspannend. Neben mir waren ganze 6 weitere Gäste anwesend und wärmten sich in den 4 unterschiedlich warmen Thermalbecken. Die Lage war grandios, die Becken im Freien direkt am Fjord mit Blick auf die umliegende Natur. Da waren die tiefhängenden Wolken und der gelegentliche Nieselregen egal, wenn man im warmen Becken sitzend den Fjord und die Wildnis genießen und den Delphinen beim Vorbeischwimmen in unmittelbarer Nähe zuschauen kann.

Wellness vom Feinsten für die müden Beine …

Seit Donnerstag hatten wir nun zum ersten Mal auf unserer Reise durchgehend bewölkten Himmel und mehrtägig Regen, der bis zum heutigen Samstag anhielt. Wir nutzen solche Phasen für die täglichen Dinge des Vanlifes:

  • Strecke zurücklegen und schöne Dinge unternehmen, die auch bei schlechtem Wetter möglich sind (Thermen, Museen, Spazierengehen, lesen, etc.)
  • Fahrzeug auf Vordermann bringen … da gibt es immer was zu tun
  • Beiträge schreiben, recherchieren und planen
  • Wäsche waschen (lassen)
  • Körperpflege
  • Einkaufen gehen für die Folgewoche
  • Basis-Betriebsmittel auffüllen, sofern notwendig: Gas, Wasser, Strom, Kraftstoff

Apropos Basis-Betriebsmittel … wie funktioniert so ein Fahrzeug, in dem man lebt, damit vollumfänglich? Hier eine Auflistung …

  • Gas: Kühlschrankbetrieb, kochen, Truma-Sekundärheizung, Warmwasserboiler
  • Wasser: Spülungen, Abwasch, kochen
  • Strom: Betrieb ALLER elektrischer Geräte (12V und 220V)
  • Kraftstoff: Fahrbetrieb, Diesel-Primärheizung

So, ihr Lieben, das war der erste Beitrag im neuen Format „Eine Woche mit uns …“, mit dem wir euch in Zukunft regelmäßig beglücken möchten, so daß ihr einen lebendigeren Eindruck von unserem Vanlife in Südamerika erhaltet.

Also … stay tuned!

Achja … Nachbarn aus der Heimat trifft man auch immer mal wieder 😂

Capillas de Marmol

Das Naturschutzgebiet Capillas de Mármol (Marmorkapellen) ist Teil der Carretera Austral Sur und ein Nationaldenkmal in Chile. Es ist eine Gruppe aus Kalksteinformationen, die am Westufer des Lago General Carrera in der Nähe von Puerto Río Tranquilo und 223 km südlich der Regionalhauptstadt Coyhaique liegt.

Faszinierendes Farbenspiel der unterschiedlichen Blau-, Grau- und Okkertöne in den Marmorhöhlen …

Dieses Naturwunder ist eines der Hauptattraktionen der Aysén-Region Patagoniens. Die marmorierten Kalksteinsäulen bilden zusammen mit dem azurblauen Wasser des größten Sees Chiles ein faszinierendes Farbenspiel, das wir uns unbedingt anschauen wollten.

Die Capillas de Marmol – ein wahrhaft fantastischer Anblick aus dem Kajak …

Um die Marmorkapellen zu besichtigen, gibt es mehrere Möglichkeiten: man kann von Puerto Río Tranquilo, dem nächstgelegenen Dorf, aus eine Bootsfahrt unternehmen. Wie wir im Vorfeld herausgefunden haben, gibt es jedoch auch die Möglichkeit, mit seinem eigenen Boot von der Bucht Puerto Mármol, Bahia Mansa, aus zu den Marmorhöhlen zu gelangen. Bingo! Da wir unser eigenes (Falt-)Kajak ja dabei haben, war es nun an der Zeit, dieses auf unserer Reise einzuweihen. Mit nur rund 30 Minuten Kajakfahrt ist diese Variante momentan zudem der kürzeste und angenehmste Weg, um dieses Naturwunder zu erreichen.

… in die verwinkelten Marmorhöhlen …

Allerdings hatte niemand erwähnt, daß der Weg von der Carretera Austral hinunter zur Bucht mal wieder eine Adrenalin-Tour allererster Güte ist … weniger herunter, als wieder hinauf auf extrem steiler Schotterpiste. Hatte es bereits damals im Parque Nacional Conguillo alle Anstrengungen von Mensch und Maschine benötigt, um den einen herausfordernden Anstieg zu meistern, waren es hier ganze 1,2 Kilometer Schotterpiste mit Kurven, Schlaglöchern und enormer Steigung. Im dritten Anlauf klappte es auf der (im wahrsten Sinne des Wortes) letzten Rille, im ersten Gang, bei 3500 U/min und durchdrehenden Rädern, unsere 4 rollenden Tonnen mit aller Gewalt die Piste hoch zu bekommen. Danach waren wir platt … ich, Natalie und Chop-Chop!

Die insgesamt 2-stündige Kajaktour mit unserem Sevylor-Kajak bei erstklassigem Wetter zu den Marmorhöhlen wollen wir dabei mal nicht unterschlagen. Der Anblick dieses Naturwunders zog uns in seinen Bann! Wir fuhren gleich mehrmals durch die einzelnen Höhlen, nutzten dabei die Zeiträume, in denen keines der zahlreichen Boote aus Puerto Rio Tranquillo vor Ort war. Es war definitiv ein großer Vorteil, mit dem Kajak ausgiebig und nah an die Formationen heran fahren und zudem Nischen erreichen zu können, in die die Boote schlicht nicht rein kamen. Waren die Bootstouren gefühlte Massenabfertigung mit kurzer Verweildauer vor Ort, hatten wir soviel Zeit, wie wir wollten … und wir wollten viel Zeit hier verbringen 😜

Südliches patagonisches Eisfeld

Zwei Tage und drei Nächte fuhren wir also mit der „Crux Australis“ entlang des Südpatagonischen Eisfeldes nordwärts nach Puerto Yungay, dem Startpunkt der Carretera Austral.

Das südliche patagonische Eisfeld (Campo de Hielo Patagónico Sur) stellt das drittgröβte Eisfeld der Welt nach der Antarktis und Grönland dar. Die in dieser Breite vorherrschenden Westwinde sind nach tausenden Kilometern Reise über den Pazifik mit Feuchtigkeit gesättigt und werden an den südlichen patagonischen Anden zum Aufsteigen gezwungen. Dadurch kondensiert der Wasserdampf und es kommt zu oft intensiven Niederschlägen. Durch das generell kühle Klima sowie die häufige Wolkenbedeckung (geringe Einstrahlung) liegt die Schneegrenze niedrig, so dass sich das drittgrösste Eisfeld der Welt erhalten konnte. Die Auslassgletscher wie der Glaciar Perito Moreno, den wir auf der argentinischen Seite besucht haben, verfügen über genügend Eis, um die Seen des östlichen Vorlandes oder den Pazifischen Ozean erreichen zu können. Entgegen der meisten Gletscher weltweit führt der Klimawandel hier noch nicht zu einer Eisschmelze, ganz im Gegenteil. Die Gletscher des südpatagonischen Eisfeldes wachsen sogar noch!

Das südpatagonische Eisfeld ist sogar auf der Südamerika-Karte sehr gut zu erkennen …

Das südliche patagonische Eisfeld ist schwer zugänglich und auch wir haben bei der Fahrt entlang nur sporadisch einen Blick darauf werfen können … aber mit Abkömmlingen des Eisfeldes des nachts Bekanntschaft gemacht. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag legte die Fähre um rund 4 Uhr eine gefühlte Vollbremsung hin. Natalie wurde von einigen lauten Knallen wach, viele andere Passagiere ebenfalls … ich schlief friedlich weiter 😎. Eisberge – gekalbt aus den Gletschern des südlichen patagonischen Eisfeldes! Einigen kleineren konnte unsere Fähre nicht mehr ausweichen … deshalb die lauten Knalle von Eis auf Metall. Mit riesigen Scheinwerfern wurde die Wasseroberfläche abgesucht und im Schritttempo fuhr die Fähre um die größeren Eisberge herum und durch die kleineren durch.

Da dachten wir, daß wir aus der Eisberg-Gefahrenzone der Antarktis heraus wären und dann werden wir hier erneut mit diesen sanften aber für die Schifffahrt extrem gefährlichen Riesen hier in den westchilenischen Fjorden konfrontiert … einerseits gruselig, andererseits spannend … es sei denn man verschläft das Spektakel 😉.

Spektakuläre Sonnenaufgänge über der Bergwelt der Südanden …

Wie üblich gab es an Bord eine Zweiklassengesellschaft – Touristen und die eingeboren Chilenen. Die macht sich im normalen Umgang nicht bemerkbar, wohl aber bei der Buchung: Während wir ca. 155 € pro Person für diese Reise bezahlen, zahlen die Eingeborenen nur ca. 25 €. Einerseits ein ganz schön krasser Unterschied. Bedenkt man jedoch, daß der chilenische Staat den ganzen Fährbetrieb subventioniert und sich dadurch den Straßenbau spart, wird der geringe Preis für die Einheimischen nachvollziehbar.

Reizvolle Fjord-Szenerie – aber mit Norwegen nicht zu vergleichen!

Und tatsächlich dürfen wir im Auto schlafen! Offiziell ist das wohl nicht, aber es verbietet auch keiner. So bleiben auch viele PKW Fahrer lieber in ihren Autos als in den Pullmannsesseln des Großraumschlafsaals der Fähre zu nächtigen.

Puerto Eden – malerisch gelegen vor schneebedeckten Berggipfeln …

Ansonsten war die Fährfahrt unspektakulär, sowohl, was das Essen, als auch, was die Abwechslung anging. Sicher, die Fahrt durch die Fjorde Chiles ist landschaftlich sehr reizvoll aber nicht zu vergleichen mit den norwegischen Fjorden … die sind um Längen spektakulärer …

Das Essen? Unspektakuläres Kombüsenfutter – aber essbar …

Einziger „Höhepunkt“ hinsichtlich Action – sieht man einmal von dem Eisbergalarm ab – war der Zwischenstop inklusive regem Ein- und Ausladen von Waren aller Art in Puerto Eden, einem verschlafenen Kaff auf der Isla Wellington mitten im sonst kaum zugänglichen Parque Nacional Bernardo O‘Higgins.

Manch einer verschifft auf seiner PKW-Ladefläche unter einem Stapel von Waren ein Rudel Hunde … das hat nach 2 Tagen gestunken!

So kamen wir dank Eisberg-Safari mit rund 4,5 Stunden Verspätung in Puerto Yungay an, um uns in unser nächstes Abenteuer zu stürzen … die Fahrt auf der legendären Carretera Austral. Das jedoch ist eine andere Geschichte …

Durch Chiles Fjorde

Seit einiger Zeit verbindet eine neue Fährverbindung zwei Regionen von Patagonien, die bislang nicht durch Strassen verbunden sind. Die Fähre „Crux Australis“ der Reederei TABSA legt regelmäßig am frühen Donnerstagmorgen um 5 Uhr in Puerto Natales ab, um in rund 41 Stunden durch die Fjorde Chiles die Anlegestelle Puerto Yungay am Südende der Carretera Austral zu erreichen.

Die Crux Australis am Fähranleger in Puerto Eden … einem letzten Außenposten in den Fjorden Chiles …

Diese spannende Fährfahrt durch die spektakulären patagonischen Kanäle in Chile, mit Übernachtung an Deck im eigenen Bett im Wohnmobil und drei Mahlzeiten am Tag von der Bordkombüse zählt zu den Höhepunkten einer jeden Südamerika-Reise mit dem eigenen Wohnmobil.

Der Fähranleger am Endpunkt in Puerto Yungay …

Für uns geht es heute Abend hier in Puerto Natales um 18.30 Uhr los zum Einschiffen, Abfahrt am morgigen Donnerstag um 5 Uhr … wir werden im nächsten Beitrag berichten …

Panamericana – Traumstrasse der Welt

In einem der vorherigen Berichte hatte ich bereits erwähnt, daß Ushuaia der südliche Startpunkt einer der Traumstrassen der Welt ist – der Panamericana … ab dem gestrigen Samstag, den 6. April unsere Heimat für viele Monate!

Die Panamericana gilt als die längste Traumstraße der Welt. Dabei ist sie gar keine Strasse im klassischen Sinn. Genauso wenig, wie zum Beispiel die Seidenstrasse, die auch noch auf unserem (Reise-)Zettel steht. Viel mehr ist die Panamericana ein Netz aus 48.000 Kilometern Schnellstrasse in Süd-, Mittel- und Nordamerika.

Key Facts zur Panamericana:

  • 25.750 Kilometer Gesamtstrecke (Nord <-> Süd)
  • 14 – 19 Staaten (je nach Streckenführung + gefahrenen Nebenstrecken)
  • Jahresdurchschnitt 0° – 25° C
  • nahezu alle Klimazonen
  • Netzwerk von 48.000 km Schnellstraße
  • unterbrochen von 90 km Urwald am Darien Gap – für Fahrzeuge unpassierbar
  • bis zu 4.800 Höhenmeter

In Südamerika entspricht die Panamericana noch einem wirklichen System von Straßen. Die bekannteste Strecke ist die „Panamericana Pacífico Longitudinal“ von Feuerland nach Nordwest-Kolumbien. Diese fahren auch wir. In Peru (Nazca) zweigen von der Küstenstrecke vier Arme ab, die über Bolivien nach Acunción (Paraguay), nach Buenos Aires (Argentinien) oder nach Paranaguá (Brasilien) führen.

Doch zunächst zurück in die Gegenwart.

Diese Woche war primär mit Reisen gefüllt und begann mit 5 (stürmischen) Seetagen, die uns zurück nach Montevideo (Uruguay) brachten. Dort schifften wir am frühen Donnerstagmorgen aus. Wir blieben jedoch im Hafen und begaben uns direkt zur Fähre nach Buenos Aires. Diese fuhr am späteren Vormittag des gleichen Tages ab und brachte uns in 3 Stunden auf die gegenüberliegende Seite des Rio de la Plata in die Hauptstadt Argentiniens. Welcome back!

Naja, zumindest für eine Nacht, die wir in einem Hotel direkt im Zentrum und fussläufig vom Fähranleger verbrachten. Da wir bereits am frühen Nachmittag im Hotel einchecken konnten, hatten wir den Nachmittag und Abend für einen abschließenden Bummel durch die schönen Ecken von Buenos Aires zur Verfügung. Das gefiel uns sehr, da wir nach den Wochen im ewigen Eis die Herbstsonne und -wärme in Buenos Aires somit in vollen Zügen geniessen konnten. Schöööön!

Ohne schaukelndes Bett war auch die Nacht lang und ruhig. Am Freitag war schließlich für 15:30 Uhr unser 3,5-stündiger Rückflug von Buenos Aires nach Ushuaia geplant, wo wir uns sehnsüchtig auf unseren Chop-Chop freuten, der brav die knapp 3 Wochen unserer Abwesenheit auf dem Parkplatz der Reiseagentur gewartet hatte. So kamen wir gegen 20 Uhr am Freitagabend überglücklich in unserem rollenden Zuhause an … um uns am gestrigen Samstag nun auf die vor uns liegenden gut 10.000 Kilometer (reine Strassenentfernung – ohne Abstecher oder Umwege) der Panamericana Sur, der südlichen Panamericana in Südamerika, Richtung Cartagena an der kolumbianischen Karibikküste zu begeben … getreu unserem Motto „Adventure before Dementia!“ 😜