Das stolze und elegante Sucre – seit 1991 UNESCO Welterbestätte – ist Boliviens schönste Stadt und das symbolische Herz der Nation. Damit könnte ich diesen Beitrag eigentlich beenden, denn das Wichtigste ist gesagt … tue ich aber nicht 😉.
Bezaubernde koloniale Altstadt von Sucre!
Die KathedraleNobel – die Dienststelle …… der Nationalpolizei
In Sucre wurde 1825 die Unabhängigkeit ausgerufen, was im „Casa de la Libertad“ eindrucksvoll nachempfunden werden kann. Der Kampf um die Unabhängigkeit begann bereits 1809. Bolivien blieb jedoch spanische Kolonie, bis eine internationale Unabhängigkeitsarmee unter Antonio José de Sucre im Auftrag Simón Bolívars in eben jenem Jahre 1825 die Unabhängigkeit militärisch durchsetzte, woraufhin das Land nach Bolívar benannt wurde und die Stadt nach Sucre.
Im Casa de la Libertad …
… erfährt man alles über die Unabhängigkeit Boliviens
Währung La Paz als Regierungssitz und Finanzzentrum dient, ist Sucre in der Verfassung als Landeshauptstadt ausgewiesen. Der überaus hübsche und saubere Ort in einem Tal inmitten von umrahmenden Bergen mit weißgetünchten Häusern, die ebenso hübsche Innenhöfe beherbergen, hat sich glücklicherweise sein reiches Architekturerbe aus der Kolonialzeit bewahrt – es gibt strenge Regeln für die Stadtentwicklung! Sowohl die Stadt als auch die Universität gelten in Bolivien und darüber hinaus als Zentren progressiven Gedankenguts.
Kunterbunter …… Mercado CentralKulinarik pur 😜Exzellente Hamburger in der „Taller de Hamburguesa (Hamburger-Werkstatt“
Es wird behauptet, daß viele Besucher hier aufgrund des milden, angenehmen Klimas, der reichen Auswahl an Kolonialbauten und Museen sowie zahlreichen Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten im Umland länger als geplant bleiben … wir (leider) nicht.
Das lag sicher nicht an Sucre und seinem Charme, den die Stadt vom ersten Moment an ausgeströmt hat. Es lag schlicht daran, daß wir in Potosi wegen der Arbeiten an Chop-Chop zu lange „verweilen“ durften und wir vor der Weiterreise nach Brasilien einen längeren Stop in einem der schönsten Nationalparks Boliviens, dem Amboro Nationalpark, geplant haben. So verbrachten wir hier zwei Nächte und nahmen uns einen ganzen Tag Zeit, um uns intensiv von der prachtvollen Altstadt, den schönen Plätzen, den informativen Museen und den kulinarischen Genüssen ein Bild zu machen.
José Antonio SucreSimón BolívarDie Unabhängigkeits- erklärungWandbilder vom Unabhängigkeitskampf
Von der Kuppel der Dienststelle der Nationalpolizei – direkt am wunderschönen „Plaza 25 de Mayo“ gelegen, hatten wir die beste Aussicht der Stadt und auch das Gebäude selber konnte mit imposanten Wandbildern von Boliviens Unabhängigkeitskampf und den beiden o.g. „Helden der Nation“ punkten.
Nicht fehlen darf bei einem Sucre-Besuch ein Eintauchen in die Zeit des Unabhängigkeitskampfes, welches am Intensivsten im wichtigsten Museum des Landes, der „Casa de la Libertad (Haus der Freiheit)“ nachempfunden werden kann. So blieb für uns im Anschluß am Nachmittag noch ausreichend Zeit für einen abschließenden Besuch des „Parque Simon Bolivar“, der grünen Lunge Sucres, in der wir den Kindern beim Spielen, den Schulklassen bei ihren Ausflügen und den Verkäuferinnen bei ihrer Arbeit zuschauen und erneut einen intensiven Eindruck von der Kultur, den Gewohnheiten und dem Leben der Menschen in Bolivien gewinnen konnten … ein rundum gelungener Tag bei herrlichem Wetter in einer tollen Stadt❗️
Betriebsamkeit der Verkäuferinnen …… im Parque Simon Bolivar
Die Kinder der Schulklassen sehen eher gelangweilt aus …
Nachdem wir nun in den vergangenen zwei Wochen eines der Highlights unserer Südamerika-Reise erleben durften, die Lagunenroute und den Salar de Uyuni, geht es für uns weiter gen Osten und vor allem weiter nach unten.
Ganz ehrlich – die Höhe hat vor allem Natalie ganz schön zu schaffen gemacht, weshalb sie sehr froh ist, daß es nun langsam vom Altiplano runter ins bolivianische Tiefland geht. Aber wie das so ist mit einem trockenen Hochplateau – es wird i.d.R. eingerahmt von Bergketten, die den Regen abhalten. Es galt demnach für uns, die östliche Kordillere, welche das Altiplano begrenzt, zu überwinden und demnach geht es vor dem Abstieg erst noch einmal final nach oben 😱.
Inmitten der östlichen Gebirgskette liegt auf gut 4.000 Metern Höhe eine der höchstgelegenen Großstädte der Erde überhaupt, die Kolonialstadt Potosi mit ihren rund 190.000 Einwohnern. Dorthin fuhren wir am Freitag von Uyuni durch eine imposante und wunderschöne Bergkulisse, die „Cordillera de los Frailes“.
Der „Silberberg“ Cerro Rico überragt Potosi
Die Konquistadoren des spanischen Kolonialzeitalters haben El Dorado, die legendäre goldene Stadt, die sie in Südamerika vermuteten, nie gefunden, dafür aber Potosi und seinen Hausberg, den Cerro Rico – einen „reichen Hügel“ voll mit Silber – in die Hände bekommen! Die Stadt wurde 1545 gegründet, kurz nachdem Erz entdeckt wurde und schon bald finanzierte das hier kurz danach entdeckte und geförderte Silber das gesamte spanische Königreich. Wenn etwas sehr lukrativ ist, bezeichnet man es in Bolivien heute noch als „Vale un Potosi“ – wertvoll wie Potosi …
Typisch für Potosi …… seine hängenden …… Balkone
Während der Blütejahre Potosis schienen die Metallvorräte schier unerschöpflich und machten die Stadt zur größten und reichsten Stadt des amerikanischen Kontinents. Als das Silber aufgebraucht war, begann jedoch ihr Niedergang und die Bewohner verarmten. Erz, Zinn, Blei und andere Mineralien werden jedoch bis heute gefördert, wobei die Arbeitsbedingungen der Minenarbeiter katastrophal sind. Aufgrund des hohen Asbest- und Kieselerdestaubs in den Schächten, versterben die Minenarbeiter in aller Regel spätestens nach 10-15 Jahren, nachdem sie ihre Arbeit aufgenommen haben – im Durchschnitt mit 43 (!) Jahren …
Vor diesem Hintergrund mutet es fast makaber an, daß touristische „Minentouren unter Tage“ eine der Haupt-Attraktionen der Stadt sind – neben der Erkundung der reichen kolonialen Geschichte der Stadt, die in der Altstadt zu finden ist und durch die Aufnahme in die UNESCO-Welterbeliste 1987 entsprechende Würdigung erfuhr. Folglich befaßten wir uns während unseres Aufenthalts ausschließlich mit der Erkundung des kolonialen Potosis.
Das koloniale Potosi besticht u.a. durch seine 33 Sakralbauten
In dem prachtvoll konstruierten „Museo y Convento de Santa Teresa“ – einem ehemaligen und nun als Museum umfunktionierten Nonnenkloster des Mittelalters, ließ sich wunderbar das harte und entbehrungsreiche Leben der Nonnen in den früheren Jahrhunderten nachvollziehen. Die Nonnen stammten ausschließlich aus wohlhabenden Familien und waren ausschließlich die zweitgeborenen Töchter dieser Familien. „Wohl dem, der als erstgeborene Tochter auf die Welt kam“, ging es mir nicht nur einmal durch den Kopf bei dem unmittelbaren Erleben der harten Bedingungen und dem leidvollen Leben in einem mittelalterlichen Kloster, welches die Nonnen von ihrem 15. Lebensjahr an bis zu ihrem Lebensende (!) zu führen hatten …
Der prachtvolle Bau der „Casa de la Moneda“
Ein weiteres imposantes Gebäude mit interessanter Geschichte ist das „Casa de la Moneda“, eine der ersten Münzprägefabriken des kolonialen Mittelalters in Südamerika und weltweit überhaupt. Hier wurden aus dem Silber des Cerro Rico Silbermünzen für die spanische Krone geprägt und mit spanischen Galeonen des 16. Jahrhunderts nach Europa verschifft. Die Galeonen segelten die südamerikanische Westküste entlang gen Norden und sammelten Gold- und Silbermünzen sowie andere Edelmetalle und Edelsteine mit dem Ziel Panama auf. In Panama wurde über den (kurzen) Landweg die wertvolle Fracht von der Pazifik- an die Karibikküste transportiert und durch dort wartende Galeonen nach Spanien verschifft – sofern ihnen die Piraten nicht einen Strich durch die Rechnung machten. Die diesbezügliche Historie Panamas hatte ich bei meiner Reise 2019 dorthin erleben dürfen, weshalb sich nun hier in Bolivien, einer der Quellen des Reichtums, für mich dieser historische Bogen schließt.
Münzprägung …… zur Kolonialzeit …… und nach der …… ersten industriellen …… Revolution
So verbrachten wir also das Wochenende hier in Potosi mit viel Geschichte und bolivianischer Kultur und Kulinarik. Vor Montag konnten wir unsere Reise Richtung der nächsten Kolonialstadt Sucre sowieso nicht fortsetzen, da die bisherigen rund 17.000 gefahrenen Kilometer hier in Südamerika sowie insbesondere die Lagunenroute ihre Spuren an unseren (Antriebs-)Vorderreifen hinterlassen haben. Folglich musste ich am Samstagvormittag den lokalen Reifenhandel sondieren, um zwei passende neue Vorderreifen zu finden – Bingo! Samstagvormittag mit Händen, Füßen, Google Translate und gebrochenem Spanisch bestellt, Sonntag geliefert und Montagvormittag montiert, justiert und ausgewuchtet … das nenne ich mal Effizienz …
Der Salar de Uyuni in den Anden im Südwesten Boliviens ist die größte Salzpfanne der Erde. An ihrer Stelle befand sich ein prähistorischer See, der austrocknete und eine wüstenartige, fast 11.000 Quadratkilometer große Landschaft (was mehr als viermal der Fläche des Saarlands entspricht) zurückließ, die von schneeweißem Salz, Felsformationen und kakteenbewachsenen Inseln geprägt ist. Diese unwirtliche Mondlandschaft haben wir u.a. von der im Zentrum gelegenen Insel Incahuasi aus beobachtet.
Fast schon surreal … die Isla Incahuasi mit ihren jahrhundertealten Kakteen der Art „Trichocereus cactus“
Einmalig – Sonnenuntergang mit Blick auf die Isla Incahuasi
Sonnenbrille, Kopfbedeckung, Sonnencreme und Kamera nicht vergessen – wird überall wärmstens empfohlen! Der riesige Salzsee im Altiplano, also im Hochland der Anden auf rund 3.700 Metern Höhe, fällt sofort durch das grelle Weiß des Salzes auf, welches sich über den Horizont zu erstrecken scheint. Da ich jedoch beim Fotografieren die Sonnenbrille abnehmen muss, um vernünftige Fotos machen zu können, schmerzten und tränten meine Augen am zweiten Tag ab dem Mittag höllisch.
Das reflektierende Licht ist so dermaßen grell, da schmerzen die Augen …
Fast vollkommen frei von Lebewesen, außer von einigen pinkfarbenen Flamingos ist der Salar de Uyuni ein unvergleichliches Naturspektakel, bei dem die Bilder, die wir gemacht haben, nicht einmal annähernd an die Realität heranreichen.
Neben dem gewaltigen Schauspiel, welches der Salar de Uyuni an sich darstellt, war das Spiel mit der Perspektive besonders interessant für uns. So haben wir leidenschaftlich experimentiert und Ideen entwickelt, wie die Lichtverhältnisse am Salar de Uyuni die Größenverhältnisse zu verändern scheinen und wie man dies interessant in Szene setzen kann. Beispielsweise scheint ein Mensch nur wenige Meter hinter einem anderen Menschen so klein zu sein, dass es aussieht, als würde er auf die Handfläche des vorderen Menschen passen. Spielzeugtiere wirken plötzlich wie Riesen, Chop-Chop scheint als Zwerg-Wohnmobil auf die Hand zu passen – es gibt unzählige kreative Möglichkeiten, um unvergessliche Bilder zu gestalten. Im Internet existieren zahlreiche Bilder von diesem Schauspiel und können problemlos von jedem in die (eigene) Realität umgesetzt werden – manchmal ist ein Wechsel der Perspektive ja auch gar nicht so verkehrt 😉.
Ein Perspektivwechsel ist manchmal garnicht so verkehrt 😁
Tagsüber herrscht eine besonders klare Luft am Salar de Uyuni, die zusätzlich für Faszination sorgt und einen außergewöhnlichen Blick auf den Salzsee freigibt. Der Salar de Uyuni sieht im ersten Moment wie ein riesiger zugefrorener See aus, doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich dieser Eindruck als Illusion. Trotz abgefahrener Reifen kam Chop-Chop beim Bremsen zumindest nicht ins Rutschen 😁 …
Salzabbau ist Knochenarbeit …
Die Indigenas bauen das Salz am Salar de Uyuni noch immer traditionell ab, eine Tätigkeit, die sehr viel Kraft und Durchhaltevermögen in der grellen Sonne erfordert. Die entstandenen Salzblöcke werden anschließend zu den jeweiligen Dörfern transportiert – bei geschätzten rund 10 Milliarden Tonnen Salz ist letztendlich ja wirklich ausreichend für alle da. Aufgrund der enormen Lithium-Vorkommen wird dieses ebenfalls hier abgebaut. Mit der jüngsten Ankündigung verfügt Bolivien nun über insgesamt 23 Millionen Tonnen Lithium. Davon befinden sich allein 21 Millionen Tonnen (!) im Salar de Uyuni. Damit beherbergt das Land mit rund 25% das größte Lithium-Vorkommen der Welt. Doch ihr geplanter Abbau könnte katastrophale Folgen für Mensch und Natur haben. Extremer Wassermangel, riesige Müllberge und ungeklärte Abwasserentsorgung sind nur einige der Probleme, mit denen die überwiegend indigene Bevölkerung durch den Abbau belastet wird. Laut Gesetz muss die Bevölkerung bei Großprojekten wie der Lithiumförderung im Vorfeld eingebunden werden. Machbarkeits- und Umweltstudien müssen die Auswirkungen auf Mensch und Natur prüfen. Die Regierung verweigert diesbezüglich bisher jedoch jegliche Information und China hat sich einen direkten Zugang bereits gesichert. Deshalb haben indigene Interessengruppen zusammen mit dem Dokumentations- und Forschungszentrum CEDIB Aufklärungskampagnen in ihren Landkreisen organisiert. Es darf bezweifelt werden, daß sich lokale Interessengruppen gegen globale finanzstarke Lobbyisten in einem Land wie Bolivien, wo Korruption an der Tagesordnung ist, behaupten können. Den indigenen Amazonasbewohnern im benachbarten Brasilien ist dies nicht gelungen, ihr Lebensraum wird seit Jahrzehnten systematisch zerstört. Doch das ist eine andere Geschichte, die zu gegebener Zeit zu erzählen ist.
Nach unserem dreitägigen Besuch der Salzpfanne steht für uns eins fest: Beim Salar de Uyuni handelt es sich um eine der eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten in Südamerika. Die extremen Farben, die grelle Sonne, die Höhe und die unglaubliche Einsamkeit machen diesen Flecken der Erde wirklich außergewöhnlich – insbesondere, wenn man das Privileg hat, ihn mit dem eigenen Wohnmobil zu erFahren …
Die Flaggen der Rallye …… Dakar im Jahr 2016Das Dakar-Monument …
… das war unser erster Gedanke, als wir am Dienstag unsere Tour auf den größten Salzsee der Welt – den Salar de Uyuni – starteten und beim Salzhotel Playa Blanca – übrigens ein Hotel, welches komplett aus Salz gebaut ist – standen und gerade weiter fahren wollten.
Was wir alles in den drei Tagen auf dem Salar erlebt haben, berichten wir im kommenden Beitrag. In diesem Beitrag soll es einfach noch einmal um unbeschreibliche Begegnungen und darum gehen, wie der Zufall (oder das Schicksal) solche eigentlich unmöglichen Begegnungen dennoch ermöglicht.
Ein Tag hat genau 86.400 Sekunden und Südamerika hat eine Fläche von rund 17.840.000 Quadratkilometern (!). Diese Werte muß man im Hinterkopf behalten, um die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen, daß ein beklopptes Paar, wie wir, aus der schönen Stadt Nordhorn, das seit gut 5 Monaten durch Südamerika reist sich zu einem bestimmten Zeitpunkt von einigen Sekunden dieser 86.400 in genau dem gleichen Quadratkilometer der 17.840.000 aufhält, wie ein anderes Paar aus der gleichen schönen Stadt … für mich eine verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit!
Dennoch treten immer wieder Ereignisse mit verschwindend geringer Wahrscheinlichkeit ein und wir trafen an eben diesem Dienstag ein anderes Paar aus dem schönen Nordhorn mitten in Südamerika, in Bolivien, dem Salar de Uyuni, am Salzhotel Playa Blanca. Exakt 10.766 Kilometer vom Nordhorner Vechtesee entfernt. Verblüffend! Mehr fällt mir dazu nicht ein …
Der Zufall führt Menschen zusammen … überall auf der Welt …
Henning und Jacqueline reisen mit ihrem Unimog-Expeditionsmobil ebenfalls derzeit durch Südamerika, sind im März in Suriname gestartet und haben sich durch Brasilien Richtung Bolivien vorgearbeitet. Durch puren Zufall trafen wir uns also am vergangenen Dienstag, die Ungläubigkeit aber auch Freude war groß – ein Stück Heimat in der Ferne. Gekannt haben wir uns nicht, dennoch war man sich nicht fremd. Wahrscheinlich, weil man Gleiches tut, ähnliche Motivation und Antrieb hat. Beim Kaffee im Unimog hatten wir viel zu erzählen, die jeweiligen Erlebnisse und Erfahrungen haben sich in den vorangegangenen Monaten durchaus angehäuft. Wo kommt ihr her? Wo fahrt ihr hin? Wart ihr schon dort? Nein, aber dort! Oh, da wollen wir auch hin!
Auf die Freude ein Käffchen …… im Unimog von Henning & Jacqueline
Ruckzuck waren 3 Stunden vergangen, es hätten locker deutlich mehr werden können. Wir werden uns sicher noch öfter treffen, schließlich geht es nun in die gleiche Richtung, nach Osten an die brasilianische Grenze und dann ins Pantanal … da hat es der Zufall nicht ganz so schwer 😜 …
Am Donnerstagabend sind wir in Uyuni, der ersten größeren Stadt nach dem Grenzübertritt von Chile nach Bolivien am Sonntag, angekommen. Seit diesem liegen rund 400 Kilometer Extreme hinter uns, die sowohl Natalie und mir als auch Chop-Chop sehr viel Energie gekostet hat. Extreme Höhen, extreme Temperaturen, extreme Landschaften und auch extremes Befinden. Aber von vorne im Detail …
Grenzkomplex Hito Cajon …… an der bolivianischen Grenze
Nachdem wir am Sonntagnachmittag auf gerade einmal 22 Kilometern von 2.500 Höhenmetern auf 4.400 Höhenmetern gekraxelt sind, erreichten wir die chilenisch-bolivianische Grenzstation Hito Cajon. Die Straße stieg von San Pedro de Atacama kommend steil an. Auf der anderen Fahrspur kamen uns zahlreiche LKWs entgegen, die nur im kleinsten Gang und mit glühenden Bremsen den Abstieg meistern konnten … zahlreiche, teils ausgebrannte Wracks am Straßenrand waren Zeugnis davon, daß dieses Manöver in der Vergangenheit nicht jedem gelang.
Wie wir bereits bei der ersten Andenüberquerung beobachten konnten, nimmt Chop-Chops Leistungsfähigkeit ab etwa 3.500 Höhenmetern deutlich ab und zahlreiche Warnblinklichter gehen auf dem Armaturenbrett an. Insofern beunruhigte uns dieses Verhalten grundsätzlich nicht, jedoch hatten wir noch keine Erkenntnis, wie sich unser rollender Freund dauerhaft auf diesen Höhen mit zusätzlicher Belastung durch die herausfordernden Wellblechpisten schlägt … wir sollten es erfahren.
Grandioses Farbspiel …… der Pastell-Töne
Chop-Chop mitten auf der Lagunenroute …
Nach erfolgreicher und zügiger Ausreise aus Chile und Einreise nach Bolivien, schlugen wir unser Nachtquartier hinter einem Refugium direkt an der Grenze auf, um windgeschützter übernachten zu können … der Wind blies hier oben am späten Nachmittag kalt und heftig! Erstmals packten wir unser komplettes Winterpaket aus, wir rechneten mit Nachttemparaturen um die -10 Grad.
Waren es bisher Guanacos, die unseren Weg säumten, so sind es auf der Lagunenroute überwiegend Lamas, die diese Höhe und Vegetation lieben …
Am frühen Montagmorgen weckte uns gegen 3 Uhr ein Piepen … oh Schreck! Die Dieselheizung hatte es alleine nicht geschafft, die Temperatur am Sensor ausreichend hoch zu halten, so daß der Frostschutz ausgelöst und unseren Wassertank geleert hatte … toll! Naja, Improvisation ist eine Kunst, der Wassersparmodus für die nächsten Tage ausgerufen. Verblieben war uns wassertechnisch unser halb leerer 20L-Reservekanister sowie einige Flaschen „Agua sin Gas“ und Cola-Zero … was braucht man mehr 😜. Obwohl Wasser hier oben Mangelware ist, ließ mich die Verwalterin des Refugiums unseren Kanister auffüllen. Zwei zusätzliche Flaschen „Agua sin Gas“ gab sie uns obendrein …“nett die Leute hier“ dachten wir schon damals …
Mit 40 Liter Trinkwasser an Bord und um eine Erfahrung reicher ließen wir die Folgenächte nun BEIDE Heizungen laufen, Gas und Diesel. So ging es auf die erste Etappe der Lagunenroute. Gesundheitlich ging es uns so mäßig. Da wir uns nicht lange genug höhenakklimatisiert hatten, hatte Natalie starke, ich leichte Kopfschmerzen. Eine zunehmende Müdigkeit aufgrund des Schlafmangels – auch in den Folgenächten – kam hinzu. Das Fahren auf dieser Höhe und auf diesen Pisten erfordert Konzentration pur, nicht nur aufgrund der Bedingungen. Alleine ist man nämlich hier nicht. Regelmäßig donnern einem unangekündigt von hinten oder entgegenkommend die Jeeps der Tourenanbieter mit einer Höllengeschwindigkeit um die Ohren und ziehen eine Monster-Staubwolke hinter sich her, so daß man minutenlang nichts mehr sieht. Und wäre das alles nicht genug, verwandelt dieser Fahrstil die Pisten in gnadenlose Waschbrett-Pisten mit Geröll- und Schuttanhäufung in der Spurmitte, die größtenteils jenseits der Bodenfreiheit gängiger Fahrzeuge ist. Der Unterboden ist demnach permanent gefährdet. Das waren die Rahmenbedingungen, die dazu führten, daß wir beide bereits nachmittags und jeden Tag zunehmender geplättet waren.
Unzählige Touranbieter mit ihren Allrad-Jeeps…… hinterlassen minutenlange Staubwolken
Im Endeffekt kann ein normaler Mensch diese Strecke unter den genannten Bedingungen nicht länger als 4-5 Tage unfallfrei und ohne Gesundheitsgefährdung fahren.
Jetzt aber zu dem positiven Teil der Lagunenroute und zur Schilderung, warum diese Extremtour es trotz allem Wert ist, gefahren zu werden …
Die Laguna Colorada … alleine ein Grund, die Lagunenroute zu befahren!!!
Endstation des ersten Tages war die Laguna und der Salar Chalviri, die dritte Lagune der Lagunenroute. Die ersten beiden Lagunen, die Laguna Blanca und die Laguna Verde bekommt man bereits kurz nach der Grenze zu Gesicht. Ich verzichte darauf, hier Superlative für die extrem schönen und einmaligen Landschaften zu bemühen, um zu versuchen, zu beschreiben, wie fesselnd die 300 Kilometer Lagunenroute hier oben ist. Schaut euch einfach die Fotos an, dann wißt ihr, was ich meine.
Die Laguna Verde …
… vom Mirador aus in ihrer ganzen Schönheit (links Laguna Verde, rechts Laguna Blanca)
Die Laguna Blanca …
… ist dagegen eher schlicht
An der Laguna Chalviri mit ihrem Salar de Chalviri gibt es mitten im Nichts ein Thermalbecken, in dem man sich bei 40 Grad Wassertemperatur von den Strapazen erholen kann … das haben wir ausgenutzt – mit Blick auf Laguna und Salar …
Chillen im 40 Grad warmen Thermalbecken …… mit Blick auf die Laguna und …
,,, den Salar de Chalviri
Am Dienstag ging es weiter zum höchsten Punkt der Lagunenroute, dem „Sol de Mañana“ genannten Geysirgebiet auf 4.800 Höhenmetern und anschließend zum Höhepunkt der Lagunenroute, der pinkfarbenen Laguna Colorada mit ihrer zahlreichen Flamingo-Population.
Geysire …… und Fumarolen …… bei der ArbeitÜberall dampft …… blubbert …… und stinkt es 😉
Der Mittwoch führte uns in die faszinierende Steinwelt des „Valle de Rocas“ und hielt zum Abschluß einen spektakulären Blick auf den „Cañon de Anaconda“ für uns bereit.
Was roter Vulkanstein formen kann, …… sieht man im Valle de RocasWir trafen u.a. einen Frosch …… einen Menschen …… eine Eule …… eine Schlange …… und einen Bären! 😂
Am Donnerstag besuchten wir letztlich das indigene Dörfchen San Cristóbal, wo wir Chop-Chop eine wohlverdiente Komplettwäsche zukommen ließen. Anschließend ging es auf teil-asphaltierter Strasse (!) die letzten 100 Kilometer Richtung Uyuni …
Spektakulärer Blick in den …… Cañon de Anaconda
Nach diesem Höllenritt war es nur logisch und notwendig, daß wir uns in Uyuni erst einmal erholen und im neuen Land akklimatisieren wollten. Es fiel uns demnach leicht, uns von Donnerstag bis Montag 4 Nächte auf dem Hof eines Hotels einzuquatieren, auf dem wir alle Annehmlichkeiten vor Ort hatten und auf dem wir zudem nicht die einzigen Overlander waren. Naja, was für uns Annehmlichkeiten sind, ist für andere Reiseformen Basisausstattung … heiße Duschen, Toiletten, schnelles WLAN, bequeme Sitzecken, fließendes Trinkwasser, Müllentsorgung und – ganz wichtig – soziale Kontakte! Kurz gesagt: wir durften im Wohnmobil auf dem Hotelgelände campen und die Hotelausstattung mit nutzen – mega!
Ana, die bolivianische Hotelchefin empfängt neben Hotelgästen nämlich auch Durchreisende mit eigenem Gefährt mit einer selbstverständlichen Offenheit, Freundlichkeit und Wärme, daß es einem die Sprache verschlägt. Versuche mal in Deutschland an einem der besseren Hotels der Stadt, in der Du gerade ankommst, anzufragen, ob Du vor ihrer Tür stehen und übernachten, Campingtisch und -stühle auspacken, kochen und die Hotelausstattung mit nutzen darfst …
Aber das Beste kommt noch: Ana erwähnte abschließend, daß sie dafür keinen festen Preis nehme, sondern der Gast selber entscheiden dürfe, was er dafür zahlen möchte – der Hammer!
Welcome to Uyuni!
In Uyuni selber gibt es recht wenig zu sehen. Die Stadt dient primär als logistisches Zentrum und Basislager für Touristen, die in den nahe gelegenen spektakulären Salar de Uyuni, den größten Salzsee der Welt, reisen oder sich eben auf die – genau – Lagunenroute Richtung Chile begeben wollen. Hatten wir auf den Tagen zuvor zwar formal Bolivien betreten, wurde uns hier in Uyuni erst so richtig klar, daß wir uns in einen komplett andersartigen Kulturkreis begeben hatten!
Herzstück Uyunis – der ClockTowerZüge spielen eine zentrale Rolle in Uyuni
Uyuni selber hat den morbiden Charme einer staubigen, dreckigen und zerfallenen postapokalyptischen Kleinstadt. Es hätte uns nicht gewundert, hätte an der nächsten staubigen Ecke ein Kamerateam gestanden, um passende Szene zu „Mad Max 3“ abzudrehen 😂. Das jedoch sind Äußerlichkeiten und die interessieren uns, wie ihr wißt, so gut wie gar nicht …
Farbenfroher „Mercado Central“ in Uyuni
Findet man nach einem ersten Streifzug durch die Stadt Zugang zu seinen Menschen, erkennt man sehr schnell, daß man sich nicht mehr in einem moderneren Land mit (süd-)europäischen Standards, wie Argentinien oder Chile, befindet, sondern im richtigen Lateinamerika angekommen ist! Dies betrifft im Prinzip alles. Doch trotz der vordergründigen Tristesse der Lebensumgebung sehen wir so viele freundliche, uns zugewandte, an uns interessierte und hilfsbereite Menschen, die zudem noch fest in ihrer Tradition verankert sind und diese in ihrer Kleidung und ihrem sozialen Verhalten für uns deutlich erkennbar mit Stolz präsentieren. Dabei haben diese Menschen im besseren Fall wenig. Die Armut ist am Warenangebot und dem Preisniveau deutlich erkennbar – das Preisgefüge hat sich im Vergleich zu Chile drastisch reduziert. Beispiel? Kostete ein Restaurantbesuch in Chile für zwei Personen inkl. Getränke und ohne Trinkgeld mindestens europäische 50-60 Euro, zahlt man hier für ein üppiges Mahl all-in keine 15 Euro – inkl. Trinkgeld!
Vom Mercado direkt auf den Strassengrill … lecker …Dazu eine bolivianische LimonadeAuch in Bolivien ist Fleisch …… das Grundnahrungsmittel!
Wir haben dieses Land und seine Menschen bereits nach dieser kurzen Zeit in unser Herz geschlossen und freuen uns auf die vielen Erlebnisse, Erfahrungen und Begegnungen in den kommenden 4-5 Wochen, in denen wir von West nach Ost durch Boliviens Süden Richtung brasilianische Grenze reisen.
Kommt gerne mit auf diesen neuen, spannenden Reiseabschnitt …
Nachdem wir nun 3 Tage in San Pedro de Atacama verbracht haben, um uns an die Höhe anzupassen, geht es für uns am heutigen Sonntag von 2.500m Höhe endlich zur bolivianischen Grenze „hoch“ auf gut 4.200m Höhe. Wir verlassen Chile – ein wirklich faszinierendes Land, was wir so vor der Reise gar nicht in dem Ausmaß vermutet hatten …
Wir wären nicht wir, wenn wir diese 3 Tage nur gechillt hätten. Dafür gibt es in San Pedro de Atacama, dem chilenischen Mekka des Wüstentourismus, viel zu viel zu sehen und zu entdecken. Wir haben jedoch versucht, unser Programm der Unternehmungen mit der Notwendigkeit der Höhenakklimatisierung zu kombinieren. So verbrachten wir die gestrige Nacht nach dem Besuch farbenfroher Lagunen mit Flamingos, Guanakos und wilden Eseln, Canyons mit idyllischen Bächen und kakteenbestandenen Hügeln rund 30 km nördlich von San Pedro de Atacama auf knapp 4.000m Höhe. Für uns auch eine gute Möglichkeit, uns, Chop-Chop sowie alle notwendigen technischen Geräte auf Höhentauglichkeit hin final zu checken …
Grandiose ……Landschaften auf über…… 4.200 m!
Die Guanakos sind soooo süß …
Ein Besuch in San Pedro de Atacama wäre zudem unvollständig, würde man nicht mindestens einen halben, besser einen ganzen Tag inkl. Sonnenuntergang im „Valle de la Luna“, dem vor den Toren der Stadt liegenden „Mondtal“, verbringen! Das Valle de la Luna ist nach den mondähnlichen Landschaftsformen und roten Felsformationen benannt, die Wasser und Wind seit Jahrtausenden gestalten. Die fast schon außerirdische Schönheit der zerklüfteten Felsen, der riesigen Sanddünen und dramatischen Aussichtspunkte ist schlicht atemberaubend. Gekrönt wird dieses Erlebnis durch den abendlichen Sonnenuntergang, dem Scharen von Touristen an zahllosen Orten beiwohnen. Wenn die Sonne hinter dem Horizont versinkt und die Mondlandschaft verwandelt, erstrahlt das anmutende Tal in einem Feuerwerk aus unbeschreiblich schönen Purpur-, Pink-, Orange- und Goldtönen … traumhaft …
Spektakuläre Mondlandschaften …… im Valle de la Luna
Die Vulkan-Kordillere an der bolivianischen Grenze … da müssen wir hin …
Volcano LicancaburNatalie ist fasziniert
Duna Major … höchste Dühne im Valle
Mit diesen Erlebnissen im Gepäck begeben wir uns heute also zur Grenze und betreten ein neues Land auf unserer Südamerika-Reise – Bolivien!
Bolivien – wir kommen!
Keine Zeit, um Luft zu holen … im wahrsten Sinne des Wortes. Die Luft ist hier oben so dünn, daß einem das Atmen schwer fällt. Das geht nicht nur uns so, sondern auch Chop-Chop, dessen Leistungsfähigkeit ab- und dessen Sprit-Durst aufgrund der Höhe und der Pisten rasant zunimmt.
Gleich hinter der Grenze beginnt sie dann – die berühmt-berüchtigte Lagunenroute, Traum aller Offroad-Fahrer. Nun, Offroad-fähig ist Chop-Chop schon, Allrad-fähig dagegen weniger. Sie soll aber auch ohne 4×4 machbar sein … we will see …
Die Lagunenroute – die rote Strecke fahren wir die nächsten 5 Tage …
Eine gute Vorbereitung und Planung ist für eine erfolgreiche Fahrt über die Lagunenroute von San Pedro de Atacama in Chile nach Uyuni in Bolivien unabdingbar. Angefangen bei den Lebensmittel- und Wasservorräten, den Kraftstoff- und Gasreserven, über die Sicherstellung der Fahrfähigkeit des Fahrzeugs (Reserverad, Wagenheber, Sandbleche, Schaufel, Bergegurte, usw.) bis hin zu einem Plan B bei eintretender Höhenkrankheit muss an alles gedacht werden, an alles!
Beispiele? Bitteschön …
Die Route verläuft über das bolivianische Altiplano in üblicherweise 4 Tagen über epische Wellblechpisten rund 350 Kilometer durchgehend oberhalb von 4.000 bis an die 5.000 Höhenmeter bei nächtlichen Temperaturen von -10 bis -15 Grad durch eine atemberaubende Vulkanlandschaft. In dieser Extreme soll möglichst die Heizung funktionieren, sonst friert der Wassertank und auch alles andere an Flüssigkeit ein, mit verheerenden Folgen – Verlust des Trinkwasservorrats. Deshalb redundante Heizungsauslegung: primär höhentaugliche Dieselheizung, sekundär Truma Gas-Therme, die nur mit vollen Gastanks 4 Tage arbeitet. Zweitens: In Südamerika gibt es keinen Winterdiesel, der Kraftstoff wird in dieser Umgebung und dieser Kälte versulzen, ein Starten am Morgen unmöglich. Sicher, man kann warten, bis die Mittagssonne den Tank aufgewärmt hat oder in weiser Voraussicht Fliessverbesserer aus Deutschland mitnehmen. Drittens: Wir kühlen seit Reisebeginn mit einem Absorberkühlschrank und primärem Gasbetrieb, da 12V nur bei laufendem Fahrzeug möglich und 220V für uns als Freisteher oft nicht verfügbar ist. O-Ton der Betriebsanleitung: „Über einer Höhe von ca. 1000 m über NN können beim Zünden des Gases physikalisch bedingt Störungen auftreten (Keine Fehlfunktion!)“. Sehr lustig! Unser Absorber-Kühli spinnt – physikalisch bedingt, wohl gemerkt, seitdem wir Meereshöhe verlassen haben. Hier auf 2.500m macht er gar nix mehr. In weiser Voraussicht haben wir uns in Santiago vor ein paar Wochen eine Kompressor-Kühlbox zugelegt, die jetzt im Einsatz ist und schnurrt, wie ein Kätzchen 😁. Unser Absorber-Kühli dient nun als Vorratskammer 😂.
Fazit: Zwei Dinge helfen bei solchen Extremtouren ungemein: Redundanz und vorausschauendes Denken, Recherchieren und Planen … was wäre, wenn … die Frage stellen wir uns sehr oft …
„Lohnen sich die Mühen und die (trotz allem verbleibenden) Risiken?“, wird sich der eine oder andere Leser dieser Zeilen vielleicht fragen … ohne jeglichen Zweifel!
Warum die Lagunenroute all die Vorbereitung, Planung und den finanziellen Einsatz Wert ist, erfahrt ihr in unserem nächsten Beitrag im neuen Format „Eine Woche mit uns … auf der Lagunenroute“ sobald wir Ende nächster Woche in Uyuni sind … Freut euch darauf!
Wie seit einigen Tagen angeteasert, befinden wir uns auf dem Weg in Chiles Norden auch auf dem Weg in eine Wüstenregion, der Atacama.
Die Atacama-Wüste
Die Atacama-Wüste, kurz Atacama, erstreckt sich entlang der Pazifikküste Südamerikas zwischen dem 18. und 27. Breitengrad Süd, also in etwa zwischen den Städten Tacna im Süden Perus und Copiapo im Norden Chiles, über eine Distanz von rund 1200 Kilometern.
Wahrzeichen Antofagastas, der Hauptstadt der Atacama …… das Felsentor „La Portada“
Die Atacama ist eine Küstenwüste und die trockenste Wüste der Erde außerhalb der Polargebiete. In ihrem zentralen Bereich besteht schon seit wenigstens 15 Millionen Jahren ein hyperarides Klima. Es gibt Orte, an denen jahrzehntelang kein Regen registriert wurde, mit durchschnittlichen jährlichen Niederschlagshöhen von nur 0,5 mm. Ihr südlicher Bereich zwischen dem 24. und 27. Breitengrad blieb deswegen bis in die jüngere geschichtliche Zeit hinein völlig unbesiedelt. So fuhren auch wir auf der Panamericana oft stundenlang gen Norden, ohne eine einzige Ortschaft zu durchqueren.
Traumhafte …… Wüstenstrände …… an der Bahia Inglesa …… oder …… der Playa …… Los Amarillos ☀️
Aufgrund des extrem trockenen Wüstenklimas sind mehrere große Sternwarten auf den Bergen in der Wüste errichtet worden. Auf dem Berg Cerro Paranal – 120 km südlich der Hafenstadt Antofagasta – hat die Europäische Südsternwarte das Paranal-Observatorium errichtet. Leider ist dieses für Besucher nur samstags zugänglich. Da wir bereits am Dienstag hier entlang kamen, passte ein Besuch leider nicht in die Planung … schade!
Wir kamen nur bis zum Tor: auf dem Berg Paranal die europäische Südsternwarte
Auffällig entlang der Hauptschlagader Chiles, der Ruta 5, sind die zahlreichen riesigen Industriekomplexe der Montanindustrie und die oft gesichtslosen Arbeiter-Siedlungen mit Zweckbauten und wenig Historie oder Sehenswertem. Die riesigen Vorkommen von Lithium, Kupfer, Silber, Gold und Platin bilden eine der Wirtschaftsgrundlagen Chiles. Hier werden zudem die größten Lithiumvorkommen der Welt vermutet.
Mystisch … Chop-ChopChop-Chop mit Heiligenschein 😂Das Wüstenschiff ist gar kein Kamel 😎
Das kalte Meerwasser des Humboldt-Stroms bedingt, daß die Atacama kühl ist und insbesondere in Küstennähe oft Nebel vorherrscht, weshalb die Atacama auch zu den Nebelwüsten gehört. In Netzen, den Atrapanieblas, wird Küstennebel an Berghängen in der Atacama aufgefangen, der zur Wassergewinnung dient. In Chile laufen hierzu mehrere Pilotprojekte. Der Küstennebel ist auch die Lebensgrundlage der küstennahen Flora und Fauna, wie im von uns besuchten Parque Nacional Pan de Azucar wunderbar zu beobachten.
Der Küstennebel …… macht Leben …… in der trockensten …… Wüste der Welt …… möglich!Zwei bekloppte Deutsche
So machten wir in der letzten Woche seit dem Besuch des Valle de Elqui überwiegend Strecke. War es im Süden Chiles die „Ruta del Mar“ der wir folgten, so ist es hier im Norden die „Ruta del Desierto“, die Wüstenroute, an der wir Orte, wie Copiapo, die Mina San José, die wunderschönen Wüstenstrände an der Bahia Inglesa, die Nebelwüsten im Parque Nacional Pan de Azucar, den Fischerort Taltal, die Hafen- und zweitgrößte Stadt Chiles, Antofagasta, Calama und San Pedro de Atacama kennenlernten oder kennenlernen werden. Denn von Calama führt uns die „Ruta del Desierto“ heute an die bolivianische Grenze, nach San Pedro de Atacama, wo wir Anfang der kommenden Woche sukzessive auf Höhen von 4.000 – 5.000 m in das Altiplano Boliviens fahren werden, um auch uns den Traum eines jeden Südamerikareisenden mit dem eigenen Fahrzeug zu erfüllen – die Lagunenroute!
Entlang der „Ruta del Desierto“ bis an die bolivianische Grenze
Was sich so idyllisch anhört, ist jedoch alles andere als das, sondern Abenteuer pur:
Keine Straßen, nur Pisten
Keine Tankstellen
Keine Lebensmittel oder Wasser
Kein Internet, keine Telefonie
Extreme Höhe für Mensch und Maschine
Einsamkeit, egal, was passiert
Warum man dennoch eine der abenteuerlichsten Strecken dieser Welt unbedingt (er-)fahren will, erfahrt ihr in einem der kommenden Beiträge … stay tuned 😁
Heute war einer dieser Tage, an denen einem klar wird, warum Reisen eine so wunderbare Beschäftigung für das Herz, die Seele und den Intellekt ist. An solchen Tagen wird uns ganz besonders intensiv bewußt, daß das, was wir hier tun und erleben, genau richtig ist und wir mit viel Demut diese wunderbaren Länder bereisen und ihre herzlichen Menschen kennenlernen dürfen!
Einer dieser herzlichen Menschen ist Jorge (ja, schon wieder 😁), mit Nachnamen Galleguillos. Seines Zeichens ehemals angestellt als „Maestro Servicio“ in der Mine San José in der Atacama-Wüste – bis zum 5. August 2010 / 13.40 Uhr. An diesem Tag änderte sich für ihn alles – und für 32 seiner Kollegen „unter Tage“. Die Mine, in der Kupfer und Gold abgebaut wurde, kollabierte und er und seine 32 Kumpanen, die „Los 33“, wie die verschütteten Männer genannt wurden, waren in 750 Metern Tiefe eingeschlossen – aber alle lebten … noch.
Wer kann sich nicht noch an die weltweite sensationshungrig aufbereitete Berichterstattung erinnern, die uns die darauf folgenden 69 Tage in den Schlagzeilen und diversen TV-Formaten begleitete? Für Jorge, seine Kumpanen und ihren Angehörigen ging es in diesen knapp 10 Wochen nicht um Einschaltquoten, Umsatz und Marktanteile, sondern schlicht ums nackte Überleben und für ihre Angehörigen um den Kampf um Väter, Söhne und Ehemänner.
33 Fahnen wehen für „Los 33“ … 32 Chilenen und 1 Bolivianer … Natalie musste die Bolivien-Fahne „reparieren“
Erst nach 17 Tagen erfuhren die Bergungsteams, daß dort tief unter der Erde überhaupt Menschen überlebt hatten und es ein lohnendes Ziel gibt. Historisch der Zettel, der am 21. August 2010 die Menschen an der Erdoberfläche erreichte mit der Nachricht „Estamos bien en el refugio los 33“ (Es geht uns 33 gut in unserem Schutzraum) …
Die Mine San José stand plötzlich im Fokus der weltweiten Öffentlichkeit, Milliarden von Menschen fieberten vor den Fernsehern bei der größten Rettungsaktion der Menschheitsgeschichte mit. Aufgrund des gewaltigen Drucks der Öffentlichkeit übernahm die Regierung die Rettung, das Unterfangen kostete geschätzte 20 Mio. US$. Internationale Bohrteams wurden angefordert, Experten von der NASA und mehreren internationalen Konzernen waren behilflich.
Die größte …… Rettungsaktion …… der Menschheitsgeschichte
Am 13. Oktober 2010 wurde während des live im Fernsehen übertragenen Finales, das fast 24 Stunden dauerte und bei dem geschätzt eine Milliarde Menschen weltweit vor den Bildschirmen zuschauten, der letzte der 33 Männer durch einen engen Schacht mit einer speziell angefertigten Rettungskapsel befreit.
Plan C funktionierte …Die Kapsel …… nichts für Menschen mit Platzangst
Während sie unter der Erde eingeschlossen waren, wurde das Leid der „Los 33“ zu einer Seifenoper, über die rund um die Uhr berichtet wurde. Nach 69 Tagen in der Dunkelheit in den Tiefen der Erde fanden sich die Männer im Rampenlicht wieder. Im Wembleystadion jubelten ihnen Fußballfans zu, sie jetteten nach Disneyland, wo alle Kosten für sie übernommen wurden. Sie wurden mit Geschenken und Geld überhäuft und nach New York geflogen, um von David Letterman interviewt zu werden. Über das, was danach kam, sprach kaum noch jemand. Körperliche und psychische Probleme von traumatisierten Menschen sind halt wenig quotenwirksam. Ein paar Jahre nach dem Vorfall hatten die meisten der „Los 33“ Probleme, Arbeit zu finden. Einige kehrten in die Minen zurück. Es war nur ein kurzer Ruhm und die Männer wurden für ihr Leid kaum entschädigt, obwohl es ihre Geschichte bis nach Hollywood schaffte (2015, Film „69 Tage Hoffnung“ mit Antonio Banderas).
Viven – sie leben …
Da stand einer dieser „Los 33“ – Jorge Galleguillos – heute neben uns. Ergreifend schilderte er uns Details dieser für ihn traumatischen Erlebnisse. Dennoch, er hat sich mit dem Leben danach arrangiert und ist der Einzige der „Los 33“, der tagtäglich hier vor Ort seines Traumas eine Berufung gefunden hat. Für uns ein wahrer Held, ein Mensch, vor dem man großen Respekt haben muß. Natalie war tief berührt von den heutigen Erlebnissen. Eine Erfahrung, die auch uns erneut demütig gemacht hat vor dem Leben und dem Schicksal, welches für uns bestimmt ist und welches keiner von uns vorhersehen kann …
Jorge Galleguillos – nach seiner Rettung am 13. Oktober 2010 / 9:31 Uhr
Heute erzählte Jorge Galleguillos uns seine Geschichte aus seiner Perspektive
Wer, wie ich, in den 80er Jahren aufgewachsen ist, wird die Musikstilrichtung der „Neuen deutschen Welle“ und das Lied von Hubert Kah – „Sternenhimmel“ – sicher kennen.
Im Text heißt es:
„Mit dir in der Südsee stehn In den Abendhimmel sehn Oh guter Mond am Firmament Spür wie meine Sehnsucht brennt
Ich seh den Sternenhimmel Sternenhimmel Sternenhimmel, oh oh Ich seh Sternenhimmel Sternenhimmel Sternenhimmel, oh oh“
Südsee hatten wir bereits vor Monaten auf der Osterinsel und konnten auch dort in klaren Nächten bereits einen grandiosen Sternenhimmel sehen. Das ist jedoch nichts im Vergleich zu den Voraussetzungen zur Sternenbeobachtung hier im Elqui-Tal! Nirgends auf der Welt – außer in der Atacama-Wüste, der wir als Nächstes einen Besuch abstatten – ist die Nacht so dunkel und die Lichtverschmutzung so gering, weshalb sich hier ideale Bedingungen für die Astronomie bieten …
Nicht umsonst gibt es demnach hier im Valle de Elqui zahlreiche Observatorien, die meisten für wissenschaftliche Zwecke. Highlight der (touristischen) Sternengucker und größte Attraktion des Elqui-Tals ist jedoch das rein auf touristische Zwecke ausgerichtete Mamalluca-Observatorium in Vicuña. Hier wollen – vor allem in den Sommermonaten – Horden von Touristen einen Blick durch das 2 Meter lange Teleskop mit 30 cm Durchmesser auf entfernte Galaxien, Sternenhaufen und Nebelflecken werfen. Das hieß für uns, daß der gestrige Abend verbucht war für einen tiefen Blick in unser Universum.
Mamalluca-Observatorium
2 Meter lange Optik-Power mit 30 cm Durchmesser … beendruckend!
Glücklicherweise sind die Sommermonate passé und wir waren in stockdunkler Nacht mit nur 6 weiteren Besuchern in der ersten Abendgruppe. Zu Beginn wird man in einer rund 1-stündigen Planetarium-Show auf das eingestimmt, was einen erwartet – vorausgesetzt, man versteht Astronomieterminologie in spanischer Sprache … wir nicht!
Egal, dachten wir uns. Und ich dachte mir, wenn man schon nix versteht, kann ich wenigstens die schönen Planetenprojektionen in der Kuppel fotografieren. Schaut selbst …
Es kam aber noch frustrierender. Tagsüber war es zwar sonnig, am Abend zogen aber Schleierwolken genau über die Sternzeichen am Firmament, die am heutigen Tage die intensivste Erfahrung versprachen. Toll! So blieb uns der etwa halbe Mond – immerhin. Darüberhinaus der eine oder andere Stern in blau, orange oder gelb, rund oder oval und auch mal zwei nebeneinander. Gut, mit viel Fantasie oder den passenden Kontaktlinsen konnte man das sicher erahnen, mir blieb diese Erfahrung leider verwehrt. Vielleicht lag das aber auch daran, daß ich statt (passender) Kontaktlinsen meine Brille auf hatte 😜. Galgenhumor halt!
Nach 2 Stunden war das Spektakel vorbei und wir keinen Deut schlauer oder beeindruckter … obwohl, das stimmt nicht ganz. Der extrem nahe Blick auf die Oberfläche des Mondes war dann doch eine Erfahrung, die in Erinnerung bleiben wird … wie bereits Hubert Kah erkannte:
„Oh guter Mond am Firmament – Spür wie meine Sehnsucht brennt“
Der Zoom meines Apple-Smartphones …… ist schon krass 😁
Diese Abwandlung des Whiskey Sour ist das aus Traubenmost destillierte Kultgetränk in Peru und Chile, wo es viele Pisco-Brennereien gibt. Aus eben diesem Pisco-Brandwein wird durch Zugabe von Zitronensaft, Zucker und geschlagenem Eisweiß der leckere Pisco Sour angerührt.
So oder so ähnlich sieht ein Pisco Sour ausEin Pisco aus dem Elqui-Tal
Nachdem wir die chilenische Zentralregion rund um Santiago, Valparaiso und Viña del Mar mittlerweile verlassen haben, sind wir weiter zwischen Pazifik und Anden Richtung Norden gefahren – Ziel: der Großraum La Serena / Coquimbo und das Elqui-Tal.
Mit dem Aufzug geht*s bis oben ins Kreuz – krassSeht ihr La Serena? 😁Monumentales Kreuz in CoquimboBlick aus unserem Chop-Chop – Coquimbo Beach bei Nacht
Das 1544 gegründete La Serena ist Chiles zweitälteste Stadt und einer der größten Küstenorte des Landes. Im historischen Zentrum finden sich eine Vielzahl an kolonialen Kirchen, Palästen und Häusern inmitten zeitgenössischer Architektur. Für uns allemal Grund genug, einen entspannten Nachmittag durch die Gassen La Serenas zu schlendern.
Historische Altstadt von La Serena …… mit dem Faro
Das östlich von La Serena liegende Valle del Elqui erscheint wie eine andere Welt. Als willkommener Kontrast zu den weitgehend trockenen Landschaften des Norte Chico ist das üppig-grüne Tal Heimat der besten Pisco-Brennereien Chiles und ein berühmtes Ziel für Sternengucker, dazu aber mehr im nächsten Beitrag.
An jeder Ecke taucht hier im Tal der Name Gabriela Mistral auf. Geboren in Montegrande ist die Literatur-Nobelpreisträgerin von 1945 eine Tochter des Elqui-Tals. Der Stolz der ganzen Region auf die erste Schriftstellerin Lateinamerikas und die erste Frau der ibero-amerikanischen Welt, die diese Auszeichnung erhielt, ist hier allgegenwärtig.
Geburtsort Gabriela Mistrals
Widmen wir uns hier intensiver dem Pisco. Hier in der Kleinstadt Vicuña mit ihren sehenswerten Adobe-Häusern und mitten im Elqui-Tal gelegen, bot sich uns eine exzellente Gelegenheit, eine der zahlreichen Pisco-Brennereien zu besuchen und den Herstellungsprozess im Rahmen einer Tour zu besichtigen. Das haben wir uns natürlich nicht nehmen lassen, die Verkostung überließen wir jedoch den anderen Tourteilnehmern 😜.
Route der Sterne – die Ruta 41 führt ins Elqui-Tal zu den Pisco-Brennereien und Observatorien … daher der Name …
Ein wenig Hintergrund zum Pisco: Dieser Traubenbrand wurde von spanischen Siedlern im 16. Jahrhundert entwickelt und ist ein aromatischer, fruchtiger und starker Weinbrand aus Muskatellertrauben. Neben dem Genuß als Cocktail (Pisco Sour) wird Pisco auch gerne pur als Aperitif oder als „piscola“ mit Coca Cola genossen.
Na dann mal Prost!
Interessanter Besuch …… der Pisco-Brennerei CapelZahlreiche Label haben die im Programm