Stillstand

Vor unserer Reise hatten wir uns stets gewundert, warum andere Südamerika-Reisende, denen wir auf YouTube folgten und deren Videos wir anschauten, oftmals in Kolumbien Fahrzeugprobleme bekamen … nun haben wir es herausgefunden.

Die Sache ist, daß, wenn man in Kolumbien ankommt, in der Regel einen Großteil des Restes von Südamerika bereits hinter sich hat. Viele Reisende kommen in Montevideo/Uruguay an, fahren dann zunächst über den Sommer auf der Südhalbkugel (= europäischer Winter) Richtung Süden nach Patagonien und Feuerland, um dann auf der westlichen Andenseite des Kontinents der Panamericana nach Norden bis nach Kolumbien zu folgen. Mit einigen Abweichungen sind auch wir auf unseren nunmehr 35.000 Kilometern Fahrstrecke so gereist.

Das bedeutet, daß das rollende Gefährt in der Regel bereits einige zehntausend Reisekilometer auf südamerikanischen Straßen auf dem Tacho und im Fahrwerk hat. Mehrere zehntausend Kilometer Ripio-Piste, Schlaglöcher so groß und tief wie Badewannen und die üblichen krassen Bremsschwellen auf asphaltierten Straßen zur Geschwindigkeitsreduktion hinterlassen ihre Spuren. Dabei ist nicht einmal der Motor das größte Problem, sondern vielmehr das Fahrwerk, die Radaufhängung sowie Kupplung und Getriebe.

Wie bei vielen Overlandern zuvor, war es demnach nur eine Frage der Zeit, wann auch bei Chop-Chop irgendein Fahrwerks- oder Antriebsteil den Geist aufgibt. Sicher, die Hoffnung, daß wir es unbeschadet bis nach Cartagena an die Karibikküste schaffen, war ungebrochen, schließlich haben wir nur noch rund 2.000 Fahrkilometer vor uns. Pustekuchen! Gebrochen war dann vorletzten Freitag Chop-Chops Stoßdämpfer des rechten Vorderrads!

Mit Mühe und Not konnten wir Chop-Chop mit bereits arg schräg hängendem Rad auf einen privaten Parkplatz an einem Aussichtspunkt notlanden. Und da stehen wir nun! Seit beinahe 10 Tagen! Bewegungsunfähig! Stillstand!

Auch auf eine solche Situation muß man auf einer Südamerika-Reise vorbereitet sein. Da man jedoch nicht alles an potenziellen Verschleißteilen mit sich rum schleppen kann, bedeutet eine solche Situation zunächst einmal … Recherche!

Was genau ist defekt?

Welche Mechaniker gibt es im näheren Umkreis und sind diese mit der Behebung des Schadens vertraut?

Ist die eigene Fahrzeugmarke im Land gängig (und steigt damit die Wahrscheinlichkeit der Verfügbarkeit von Ersatzteilen)?

Wie können wir die notwendige Grundversorgung sicherstellen?

Wie kann ich mich vor Ort ohne eigenes Gefährt fortbewegen, um notwendige Ziele zu erreichen (Werkstätten, KFZ-Händler, Lebensmittel, usw.)?

uswusw.

Glücklicherweise standen wir an einem touristischen Spot, einer in Südamerika sehr bekannten Destination für Sportkletterer. Zudem ist der gemeine Kolumbianer überaus freundlich, hilfsbereit und kommunikationsfreudig. Somit kannten wir bereits nach dem ersten Tag nahezu alle Mechaniker und Werkstätten der näheren und entfernteren Umgebung … und alle Sportkletterer 😂 …

Der Eigentümer des Privatparkplatzes schleppte dann am Folgetag direkt die Fahrzeugmechaniker seiner Firma an. Gut, primär reparieren die in seiner Firma Muldenkipper … „aber was soll‘s“, dachte ich mir. „Das Prinzip eines Stoßdämpfers wird bei einem Muldenkipper nicht arg anders sein, als bei Chop-Chop“ … der Ein- und Ausbau jedoch sehr wohl 😜 …

Auch Gille – ein Sportkletterer aus Belgien – half fleißig mit 👍

Lange Rede, kurzer Sinn: Im „Trial & Error“-Verfahren hatten wir in ein paar Stunden den defekten Stoßdämpfer ausgebaut. Über einen ehemaligen Citroën-Fachmechaniker aus der 50 Kilometer entfernten Großstadt Bucaramanga und im ständigen Austausch mit unserem Tuning-Partner in Deutschland, der die Spezialdämpfer vor einigen Jahren eingebaut hatte, konnten wir herausfinden, daß ein Original-Stoßdämpfer für unseren Citroën Jumper in der Freihandelszone in Medellin verfügbar ist … Lieferzeit 4-5 Tage … und am gestrigen Samstag angekommen!

John bot direkt an, mit einem seiner Mitarbeiter am Sonntag vorbei zu kommen, um das defekte Teil auszutauschen, echt coole Menschen hier! Gesagt, getan und so war unser guter Chop-Chop gestern Abend wieder fahrtüchtig, yippiiiiie 😎.

Also geht es heute endlich weiter Richtung Bogotá mit den Zwischenstops Barichara und Villa de Leyva … Zeit haben wir ja noch bis zum Abflug nach Rio am 28. Februar 👍