Los 33

Heute war einer dieser Tage, an denen einem klar wird, warum Reisen eine so wunderbare Beschäftigung für das Herz, die Seele und den Intellekt ist. An solchen Tagen wird uns ganz besonders intensiv bewußt, daß das, was wir hier tun und erleben, genau richtig ist und wir mit viel Demut diese wunderbaren Länder bereisen und ihre herzlichen Menschen kennenlernen dürfen!

Einer dieser herzlichen Menschen ist Jorge (ja, schon wieder 😁), mit Nachnamen Galleguillos. Seines Zeichens ehemals angestellt als „Maestro Servicio“ in der Mine San José in der Atacama-Wüste – bis zum 5. August 2010 / 13.40 Uhr. An diesem Tag änderte sich für ihn alles – und für 32 seiner Kollegen „unter Tage“. Die Mine, in der Kupfer und Gold abgebaut wurde, kollabierte und er und seine 32 Kumpanen, die „Los 33“, wie die verschütteten Männer genannt wurden, waren in 750 Metern Tiefe eingeschlossen – aber alle lebten … noch.

Wer kann sich nicht noch an die weltweite sensationshungrig aufbereitete Berichterstattung erinnern, die uns die darauf folgenden 69 Tage in den Schlagzeilen und diversen TV-Formaten begleitete? Für Jorge, seine Kumpanen und ihren Angehörigen ging es in diesen knapp 10 Wochen nicht um Einschaltquoten, Umsatz und Marktanteile, sondern schlicht ums nackte Überleben und für ihre Angehörigen um den Kampf um Väter, Söhne und Ehemänner.

33 Fahnen wehen für „Los 33“ … 32 Chilenen und 1 Bolivianer … Natalie musste die Bolivien-Fahne „reparieren“

Erst nach 17 Tagen erfuhren die Bergungsteams, daß dort tief unter der Erde überhaupt Menschen überlebt hatten und es ein lohnendes Ziel gibt. Historisch der Zettel, der am 21. August 2010 die Menschen an der Erdoberfläche erreichte mit der Nachricht „Estamos bien en el refugio los 33“ (Es geht uns 33 gut in unserem Schutzraum) …

Die Mine San José stand plötzlich im Fokus der weltweiten Öffentlichkeit, Milliarden von Menschen fieberten vor den Fernsehern bei der größten Rettungsaktion der Menschheitsgeschichte mit. Aufgrund des gewaltigen Drucks der Öffentlichkeit übernahm die Regierung die Rettung, das Unterfangen kostete geschätzte 20 Mio. US$. Internationale Bohrteams wurden angefordert, Experten von der NASA und mehreren internationalen Konzernen waren behilflich.

Am 13. Oktober 2010 wurde während des live im Fernsehen übertragenen Finales, das fast 24 Stunden dauerte und bei dem geschätzt eine Milliarde Menschen weltweit vor den Bildschirmen zuschauten, der letzte der 33 Männer durch einen engen Schacht mit einer speziell angefertigten Rettungskapsel befreit.

Während sie unter der Erde eingeschlossen waren, wurde das Leid der „Los 33“ zu einer Seifenoper, über die rund um die Uhr berichtet wurde. Nach 69 Tagen in der Dunkelheit in den Tiefen der Erde fanden sich die Männer im Rampenlicht wieder. Im Wembleystadion jubelten ihnen Fußballfans zu, sie jetteten nach Disneyland, wo alle Kosten für sie übernommen wurden. Sie wurden mit Geschenken und Geld überhäuft und nach New York geflogen, um von David Letterman interviewt zu werden. Über das, was danach kam, sprach kaum noch jemand. Körperliche und psychische Probleme von traumatisierten Menschen sind halt wenig quotenwirksam. Ein paar Jahre nach dem Vorfall hatten die meisten der „Los 33“ Probleme, Arbeit zu finden. Einige kehrten in die Minen zurück. Es war nur ein kurzer Ruhm und die Männer wurden für ihr Leid kaum entschädigt, obwohl es ihre Geschichte bis nach Hollywood schaffte (2015, Film „69 Tage Hoffnung“ mit Antonio Banderas).

Viven – sie leben …

Da stand einer dieser „Los 33“ – Jorge Galleguillos – heute neben uns. Ergreifend schilderte er uns Details dieser für ihn traumatischen Erlebnisse. Dennoch, er hat sich mit dem Leben danach arrangiert und ist der Einzige der „Los 33“, der tagtäglich hier vor Ort seines Traumas eine Berufung gefunden hat. Für uns ein wahrer Held, ein Mensch, vor dem man großen Respekt haben muß. Natalie war tief berührt von den heutigen Erlebnissen. Eine Erfahrung, die auch uns erneut demütig gemacht hat vor dem Leben und dem Schicksal, welches für uns bestimmt ist und welches keiner von uns vorhersehen kann …

Heute erzählte Jorge Galleguillos uns seine Geschichte aus seiner Perspektive

2 Gedanken zu „Los 33“

  1. Was für ein ergreifendes Erlebnis einen dieser geretteten Menschen persönlich zu treffen und seine Geschichte zu erfahren, an den Medienspektakel kann ich mich noch erinnern. GLG Ma💞

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