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Cordillera Blanca

Perus höchste Gipfel liegen in der Cordillera Blanca, der zweithöchsten Bergkette der Welt. In der Cordillera Blanca gibt es zudem die ausgedehntesten Gletschergebiete in tropischen Breiten, etwa ein Viertel aller tropischen Gletscher befinden sich dort. Mit einer Länge von 180 km und über 50 Bergen, die über 5.700 Meter hoch sind, ist die Cordillera Blanca die höchste Gebirgskette des amerikanischen Kontinents und zugleich die höchste in den Tropen. Nur in Asien finden sich im Schnitt höhere Gebirgsketten. Ein wahres Mekka für einen Trekking-Begeisterten wie mich 😎 …

Die Laguna Parón – eingebettet in die Cordillera Blanca

Um einen nachhaltigen Eindruck von dieser faszinierenden Gebirgskette zu bekommen, standen für uns zwei Ziele in dieser Woche auf dem Programm – eine ganztägige Trekkingtour zur „Laguna 69“ sowie eine abenteuerliche Hochgebirgsfahrt zur „Laguna Parón“ … es sollten zwei einmalige Erlebnisse werden …

Schon die Fahrt zur Laguna 69 ist spektakulär …

Ein Großteil der Cordillera Blanca ist als Nationalpark Huascarán geschützt, so auch die Laguna 69, die inmitten dieses Naturparadieses liegt. Schon die Fahrt von Lima hinauf nach Huaraz und in den Nationalpark hinein ist ein Highlight.

Von Huaraz aus, dem Zentrum aller Wanderliebhaber und Bergsteiger in Peru, führt eine grandiose Eintages-Trekkingtour von unserem Campamento auf 3.900 Metern hinauf zur Laguna 69, einem wunderschönen türkisblauen Bergsee, eingebettet in schroffe Felswände auf 4.680 Meter Höhe. Die Wanderung dorthin? So türkis, so einzigartig und so unvergesslich schön …

Beeindruckend schöne Hochland-Wiesen gehen langsam über in eine faszinierende Berglandschaft bis hin zu Gletscherwänden und bilden zusammen mit Wasserfällen die Kulisse bei dieser Wanderung – doppelt atemberaubend! – zum einen wegen der unglaublich schönen Ausblicke, zum anderen auch wegen der Höhe 😉 …

Knapp 800 Höhenmeter auf dieser Höhe zu überwinden, ist eine Herausforderung … doch der Anblick ist alle Anstrengungen wert – dafür hat sich jeder Schritt mehr als gelohnt! Der See hat die typisch milchige Farbe von Gletscherseen – auch Gletschermilch genannt . Dahinter erheben sich gigantische graue Kalksteinwände, die nach wenigen Höhenmetern direkt in die gewaltigen Eiswände des Chacraraju übergehen, einem der schönsten aber wohl auch schwierigsten 6.000er der Cordillera Blanca.

Einziger Wermutstropfen – die unvergesslichen Eindrücke kann ich nur mit mir alleine teilen, da Natalie die Tour auf dieser Höhe nicht geschafft hätte und deshalb Chop-Chop „bewacht“ hat. Schade!

Dafür war sie dann aber bei der kurzen 45-minütigen Wanderung zur Laguna Parón dabei, bei der es auch immerhin 200 Höhenmeter zu überwinden galt. Die Laguna liegt in einem Seitental weiter nördlich, die Fahrt dorthin mit Chop-Chop war abenteuerlich! In unzähligen Spitzkehren auf einer max. 5 Meter breiten Schotter- und Steinpiste und mit Gegenverkehr kämpfte sich unser Chop-Chop unermüdlich vom auf 2.200 Meter gelegenen Caraz hoch auf 4.100 Meter. Während der ganzen etwa 2-stündigen Fahrt war Hochkonzentration angesagt, ging es doch auf der einen Seite steil hinunter. Seitenbegrenzung? Fehlanzeige! Auf der anderen Seite hingegen steile Felswände mit der allgegenwärtigen Gefahr von Steinschlag. Dann urplötzlich … Endstation! Ein Erdrutsch hat die Piste auf einer Länge von 20 Meter komplett wegrasiert. Blieb uns – etwa 1,5 Kilometer vor der Laguna – nur, Chop-Chop auf einem ebenen Gelände mit verlassenen Gebäuden abzustellen und das Nachtquartier hier oben aufzuschlagen. Ziel: am kommenden Morgen über das Geröllfeld auf die andere Straßenseite zu klettern, um die restlichen 1,5 Kilometer zur Laguna zu laufen. Hat geklappt 😅!

Für den Anblick der Laguna Parón – hufeisenförmig eingebettet in die Gipfel der umliegenden 6.000er der Cordillera Blanca – fehlten uns glatt die Worte. Die Schönheit dieser Szenerie ist kaum in Worte zu fassen und selbst die besten Fotos vermögen nicht im Entferntesten die Gefühle auszudrücken, die uns beim Anblick dieses Naturspektakels mit den eigenen Augen überkamen.

Es sind immer wieder und zum hundertsten Mal diese einmaligen Erlebnisse auf dieser Reise, die uns so unendlich dankbar sein lassen für das Privileg, das wir haben, um so eine einmalige Reise unternehmen zu können …

Deutschland in Peru

In Brasilien hatten wir bereits das schräge Erlebnis, deutsche Kultur mitten in Südamerika kennenzulernen. Umso weniger waren wir überrascht, auch hier in der Hauptstadt Perus, Lima, eine Enklave deutschen Volksgutes zu entdecken … in diesem Fall jedoch weitaus weniger schräg als damals in Brasilien und zudem mit handfesten Vorteilen für uns.

Der German Country Club – auch Club Germania genannt – liegt in Surco, einem gehobenen Stadtteil Limas – wer hätte es vermutet. Der Verwaltungschef Willy, selbstredend Deutscher, hat ein Faible für Overlander, wie wir, und lässt sie bereitwillig und kostenfrei auf dem Vereinsgelände mitten in Lima für ein paar Tage übernachten. Perfekt! Es werden jedoch ausschließlich Overlander mit deutschem Paß aufgenommen … Glück gehabt 😎. Normalerweise bekommt man nur eine Übernachtung bewilligt, wenn man jedoch nett nachfragt, wie wir, auch schon mal drei Nächte.

So blieben wir das gesamte Wochenende von Freitag bis Montag in Lima, besichtigten die wunderschönen Stadtteile Miraflores, Barranco und das Centro Histórico von Lima, gingen lecker Ceviche essen und konnten alle Einrichtungen des Clubs, wie das tolle Schwimmbad, den Sportplatz und die modernen und heißen Duschen, mit nutzen. Was will man mehr?

Künstlerviertel Barranco

Die Stadtteile Miraflores und Barranco liegen direkt an der Steilklippe, die das höher gelegene Lima vom Strand und der Schnellstrasse trennt. Von hier hat man teils spektakuläre Aussichten auf den Pazifik und die Skyline der Stadt. Das diese Stadtteile bei den betuchteren Einheimischen sehr beliebt sind, liegt auf der Hand. Durch die zahlreichen Parks konnten wir kilometerlang an der Steilküste entlang spazieren und das Leben der Einheimischen beobachten.

Lima liegt spektakulär an einer Steilküste hoch über dem Pazifik …

Das historische Zentrum Limas ist um den zentralen Plaza Mayor angesiedelt. Pünktlich zum alltäglichen, fantastisch choreographierten Wachwechsel der Präsidentengarde um 12 Uhr waren wir am Sonntag am Präsidentenpalast und konnten das Spektakel miterleben … einmalig!

Das historische Zentrum Limas ist primär geprägt durch die fantastisch verzierten Holzbalkone der kolonialen Gebäude, die insbesondere rund um den Plaza Mayor grandios erhalten sind.

Plaza Mayor von Lima

Wir hatten anschließend mal wieder das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und konnten die Tanzgruppen der „Fiesta Cultural“ bei ihrem Marsch durch das historische Zentrum und die Innenstadt begleiten. Diese regelmäßig stattfindenden öffentlichen Tanzveranstaltungen erinnern uns mit ihrer Farbenpracht, Fröhlichkeit und Lebensfreude regelmäßig an südamerikanischen Karneval. By the way … hatte ich erwähnt, daß wir Tickets ergattern konnten für Karneval in Rio 2025? Ja, wir sind Anfang März dabei und zwar mit Plätzen im Sektor 11 des Sambodromos – exakt dort, wo die Sambaschulen hindurchtanzen … wir freuen uns mega darauf!

Nach einem entspannten Wochenende in Lima zog es uns dann am Montagmittag weiter Richtung Norden, wo für diese Woche ein mehrtägiger Abstecher in die landschaftlich grandiose „Cordillera Blanca“ in den nördlichen Anden Perus ansteht. Diese Gebirgskette ist mit einer Länge von 180 km und über 50 Bergen über 5700 m die höchste des amerikanischen Kontinents und zugleich die höchste in den Tropen. Mit ihren weißen Berggipfeln, zerklüfteten Tälern, ihren türkisfarbenen Gletscherlagunen und den einmaligen Trekkingrouten ein absolut lohnendes Ziel für uns …

Sandspielplatz

Nach dem Kultur-Overflow der letzten 4 Wochen mit Besuch von La Paz, Copacabana, dem Titicacasee, Cusco, dem Valle Salgado, Machu Picchu und Nazca war es mittlerweile höchste Eisenbahn, mal wieder den Chill-Modus einzulegen 😎.

Gesagt, getan!

Was lag da näher, als diesen Chill-Modus erneut an der Pazifik-Küste – diesmal der peruanischen – auszurufen, zumal dort Outdoor-Abenteuer, Beach-Life und erneut eine fantastische Natur auf uns warteten. Somit war unser Ziel für die letzte Woche klar … die Oase Huacachina und Paracas mit der gleichnamigen Halbinsel – ein Natur-Reservat allererster Güte …

Bei Peru denken viele oft zu allererst an Machu Picchu, dann vielleicht noch an die Rainbow Mountains oder den Amazonas. Aber dass sich in Peru eine riesige Wüste inklusive einer wunderschönen Oase befindet, das haben viele nicht auf dem Schirm. Dabei wartet mit der Wüstenoase Huacachina in der Atacama Wüste (ja immer noch die aus Chile, die sich bis hierhin zieht 😉) im Westen nahe der Pazifikküste ein Ort wie aus dem Bilderbuch … wie geschaffen für uns!

Die Oase besteht nur aus einem idyllischen See mit ein paar Palmen und einigen Straßen drum herum und ansonsten ist da nur: Sand – und zwar so weit das Auge reicht. Die Dünen sind hier bis zu 200 Meter hoch und bieten super Spots, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Das absolute Highlight in Huacachina ist jedoch eine Sandbuggy und Sandboarding Tour. Ganz mein Fall, Natalies weniger … ihr wißt ja, Seekrankheit und so … auf einem Sandbuggy geht‘s halt ähnlich schaukelig zu, wie auf einem Antarktis-Schiff bei einem Hurrikan … you remember?

Sicher, der gesamte Ort ist auf Tourismus ausgelegt – was uns in dem Fall aber nicht gestört hat. Warum? Weil wir mit unserem Chop-Chop direkt im umzäunten Bereich der EcoLodge Huacachina standen und dort mit Pool, Pool-Bar, Restaurant und sonstiger Infrastruktur alles hatten, was wir brauchten und vor dem allabendlichen Trubel vor dem Zaun „geschützt“ waren.

An diesem tollen Ort verbrachten wir dann auch 3 Tage, gerne wären wir länger geblieben. Da in knapp 2 Monaten jedoch das Weihnachtsfest lauert und wir dieses inklusive Jahreswechsel entspannt an der noch knapp 4.000 Kilometer entfernten kolumbianischen Karibikküste unter Palmen verbringen möchten, haben wir einen groben Zeitplan bis dahin erstellt, an dem wir uns fortan orientieren. Vor allen Dingen, weil unterwegs dorthin noch so einige spannende Ziele in Nord-Peru, Ecuador und Kolumbien auf uns warten.

So ging es am Mittwoch für 2 weitere Tage direkt an die Pazifikküste nach Paracas und die Paracas-Halbinsel. Das Natur-Reservat der Paracas-Halbinsel mit seinen vorgelagerten Inseln ist Heimat von tausenden Vögeln wie PelikaneKormorane und Perutölpel, aber auch von Seelöwen, Delfinen und Humboldt-Pinguinen! Die Kleinstadt Paracas ist das Tor zu diesem Naturparadies und selbstredend deshalb auch eines der touristischen Hotspots Perus. Die wilde Mischung aus Wüste und Küstenlandschaft mit Steilklippen wie an der Algarve hat uns wirklich beeindruckt, auch weil wir mit Chop-Chop entspannt auf einem Rundweg alle interessanten Orte an einem Tag abfahren konnten … das ist hier in Südamerika ja oftmals ganz anders 😜.

Nazca

Der Eine oder Andere assoziiert mit Nazca bestenfalls spontan die unter dem Schutz der UNESCO stehenden Geoglyphen bzw. Scharrbilder – auch Nazca-Linien genannt – für die die Region weltweite Berühmtheit erlangt hat.

Ja wo sind sie denn … die Nazca-Linien?

Die Region um den beschaulichen Ort Nazca hat aber viel mehr zu bieten als seine Nazca-Linien, nämlich eine durchaus lebendige und spannende Geschichte rund um seine ehemaligen Bewohner – dem Volk der Nazca 😉.

… da sind sie ja …

Die Nazca (1500 v.Chr. – 1500 n.Chr.) waren, wie einige andere andine Völker früherer Jahrhunderte, deren Kultur und Geschichte wir bereits kennenlernen durften, wie die Chinchorro, die Aymara oder die Tiwanaku, ein Pre-Inka-Volk, welches vor den Inka-Dynastien das Gebiet der Anden-Hochlagen und westlich davon Richtung Pazifikküste bewohnte.

Aus dieser Zeit stammen auch die von uns besuchten Nekropolen von Chauchilla, ein Gebiet mit bis zu 3.000 Gräbern aus ebenjener Zeit. Das etwas schräg anmutende Essemble der zu besichtigenden Gräber lässt einen ein wenig erschauern beim Anblick der in Originalkleidung vermummten Skelette – surreal …

Im Ort Nazca selbst befindet sich zudem ein interessantes Bewässerungssystem der Nazca, die Aquädukte von Cantalloc, die wiederum eindrucksvoll belegen, daß diese frühen Bewohner der südamerikanischen Andenregion durchaus weit fortgeschritten waren im Hinblick auf ausgeklügelte Technologien jener Zeit, in der sich im frühmittelalterlichen Europa die ersten Könige noch die Köpfe eingeschlagen haben.

Das Highlight der Region sind zweifelsohne die bereits erwähnten Nazca-Linien, seit 1994 von der UNESCO als Weltkulturerbe geschützt. Die teilweise riesigen Wüstenzeichnungen durchziehen auf 500 Quadratkilometer die Landschaft. Die rätselhaften Linien zeigen dabei Figuren, Tier- und Menschdarstellungen und wurden erst um 1920 mit Beginn der kommerziellen Luftfahrt überhaupt entdeckt. Über die Entstehung und den Zweck der Geoglyphen ist wenig bekannt, jedoch werden sie aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit Abbildungen auf Keramiken der Nazca-Kultur diesem Volk zugeschrieben. Aktuelle Forschungen haben ergänzend ergeben, daß einige Bilder jedoch bereits mehrere Jahrhunderte zuvor in der Zeit der Paracas-Kultur entstanden sein müssen. Wie dem auch sei, verblüffend sind die Scharrbilder allemal, insbesondere aus der Luft mit der Drohne betrachtet …

Machu Picchu

Dieser Beitrag wird wahrscheinlich einer der kürzeren, schlicht, weil Machu Picchu normalerweise für jeden globalen Flaneur ein Begriff ist. Wahrscheinlich gibt es wenige Sehnsuchtsorte weltweit auf der Bucket List reisefreudiger Menschen, die gleichfalls mystisch, von architektonischer, kultureller und historischer Bedeutung sowie landschaftlich spektakulär gelegen sind. Ich möchte behaupten, es gibt weltweit wenige Orte mit einer solchen Anziehungskraft auf Menschen, verbunden mit dem Wunsch, einmal im Leben dort gewesen sein zu können … für uns war es vergangene Woche soweit …

Beeindruckend und überwältigend … die heilige Stadt der Inkas …

Auf einer Bergspitze, mitten im fruchtbar-grünen Teil der peruanischen Anden, 2.360 Meter hoch liegt die antike Inka-Stadt Machu Picchu. Ihr Anblick ist beeindruckend und überwältigend und offenbart unmittelbar eine ganze Reihe von Fragen:

Warum wurde diese Stadt erbaut?

Wer hat sie erbaut und warum gerade an diesem Platz?

Wie konnte ein Volk dem das Handwerk der Eisenbearbeitung fehlte, dass das Rad nicht kannte, solch ein Meisterwerk erschaffen?

Wozu diente Machu Picchu und wer waren die Bewohner der Stadt?

Dies waren nur einige der Fragen, die uns durch den Kopf gingen …

Insgesamt nimmt die Stadt eine Fläche von insgesamt etwa dreizehn Quadratkilometer ein und wurde von 750 bis 1.200 Menschen bewohnt. Architektonisch betrachtet teilt sich der Komplex in vier Sektionen, abhängig von den dort ausgeführten Tätigkeiten. Die Stadt verfügte über Wohnanlagen, Produktionsstätten, Bereiche für die Landwirtschaft, Kultstätten und einen Palast für den Regenten. Insbesondere die Erforschung der über die Stadt verteilten Kultstätten mit dem Grab des Kondors, dem Palast der drei Fenster und das östliche Mausoleum haben jüngst viel zum Verständnis der alten Inka Kultur beigetragen.

Bedenkt man, dass die Stadt innerhalb von 90 Jahren, zwischen 1450 und 1540, auf einem Bergkamm der peruanischen Anden in 2.430 Metern Höhe von einem Volk gebaut wurde, das weder das Rad noch Metallinstrumente kannte – dann grenzt dies allein schon an ein Weltwunder.

Auf dem ersten Blick ist zu sehen das diese Stadt nicht als Festung erbaut wurde, es fehlen schlicht die Schutzmauern. In der Stadt befinden sich vielmehr Brunnen und kleine Wasserbecken, Tempel und aus Granit erstellte Altare.

Die Mehrzahl der Gebäude wurden aus Steinen mit variierender Größe erbaut, die aufwendig in die jeweilig notwendige Form gebracht und ohne Mörtel aufeinander geschichtet wurden. Die Inkas waren Spezialisten, wenn es darum ging ein Gebäude zu erstellen, das Erdbeben sicher ist und über einen langen Zeitraum erhalten bleibt. Beinahe so, als wenn sie geahnt hätten, das ihre Zeit irgendwann vorüber sein würde und sie ein Vermächtnis hinterlassen müssten 😉.

Eine perfekte Wasserversorgung mit Abwassersystem sorgte ständig für Frischwasser und dafür, das die regengeplagte Stadt nicht überschwemmt wurde. Die in mehreren Schichten angelegten Terrassen auf denen Landwirtschaft betrieben wurde sind ein weiteres Beispiel für die fortschrittliche Baukunst und Architektur dieses Volkes.

Eine der interessantesten und bis heute immer noch ungeklärte Frage ist, für welchen Zweck die Inka-Stadt erbaut wurde. Die Theorien dazu sind vielfältig und reichen vom Inka-Refugium über einen königlichen Kurort bis hin zur öffentlichen Kultstätte. Als Hiram Bingham die Stadt im Jahr 1911 offiziell wiederentdeckte, ging er davon aus, das es sich hierbei um den letzten Rückzugsort der Inkas vor den spanischen Invasoren handelte. Historische und archäologische Funde scheinen diese These seitdem jedoch widerlegt zu haben – doch einig sind sich die Wissenschaftler diesbezüglich immer noch nicht.

Ja, ich weiß, der Beitrag ist nun doch wieder länger geworden, sorry! Dies liegt aber schlicht und ergreifend daran, daß dieser Ort mich fasziniert. Die Gesamtheit der schlichten Einmaligkeit dieser Ruinen-Stadt als Ganzes sowie auch die Unbegreiflichkeit der Leistung der damaligen Menschen und Bewohner, mit einfachsten Mitteln ein solches Wunderwerk zu erschaffen, lässt uns nach diesem eindrücklichen Erlebnis sprachlos und demütig zurück …

Eine Woche mit uns … im Valle Sagrado

Das Valle Sagrado ist das heilige Tal der Inkas und Cusco das Tor dorthin. Somit war unser Weg vorgezeichnet. Die zahlreichen faszinierenden archäologischen Stätten im heiligen Tal wollten wir ebenso besichtigen, wie den Höhepunkt des Valle Sagrado und Perus und ebenso ein Höhepunkt Südamerikas und der Welt und damit auch unserer ganzen Reise … Machu Picchu – die heilige Stadt der Inkas …

Valle Sagrado – das heilige Tal der Inkas

Die Eintritte zu den vier neben Machu Picchu beeindruckendsten Inka-Stätten im Valle Sagrado sind allesamt im Rahmen eines einzigen Kombi-Tickets zu erwerben, welches wir uns am frühen Dienstagmorgen gleich an der ersten Station zulegten … Pisac.

In Pisac errichteten die Inka auf einem Bergvorsprung 300m über dem Urubamba-Tal auf den baulichen Vorleistungen der Wari nicht nur eine Festung, sondern eine ganze Stadt, welche durch Befestigungsmauern, Tore und Bastionen geschützt war. Pisac war nach Cusco sicher eine der wichtigsten Städte der Inkas. Die ganze Anlage erstreckte sich seinerzeit über mehrere Quadratkilometer, umfasste Häuser und Paläste, Tempel und Mausoleen. Heutzutage ist primär der sakrale Bezirk als Zentrum der alten Stadt mit Resten von Tempeln und Palästen und vor allem mit dem Sonnenheiligtum Intiwatana zu besichtigen.

Von Pisac ging es am Dienstagmittag gut 60 Kilometer tiefer ins Tal bis nach Ollantaytambo mit ihrer grandios in den Fels gehauenen terrassenförmig angelegten Tempelburg. Die Festung in Ollantaytambo thront dabei wie ein Adlerhorst auf einem mächtigen Bergvorsprung und ist nur über die steilen Terrassen zu erreichen. Durch das Mondtor führt oben ein Felspfad am Thron der Inka und einem Altarmonolithen vorbei und endet an sechs tonnenschweren, kunstvoll glattgeschliffenen Megalithen, dem Fundament des nie vollendeten Sonnentempels.

Hier wie an allen bisher (und zukünftig) besichtigten Inka-Stätten faszinieren die Baukünste der Inkas. Mauern aus Granit, deren Steine, 3-4 Meter hoch, 1-2 Meter breit, bis zu 2 Meter dick und mit einem Gewicht bis zu 50 Tonnen, in ausgereiften Techniken mit einfachen Werkzeugen fugenlos an- und aufeinandergereiht wurden – phänomenal!

Es ist kaum vorstellbar, wie die Baumeister der Inkas diese monumentalen Steinblöcke ohne Benutzung von Rad oder Flaschenzug von entfernten Steinbrüchen aus die steilen Berge hinauf transportiert haben, auf denen die Inka-Stätten zumeist liegen – eine bemerkenswerte Leistung!

Für den Dienstag war es das an Kultur, den Rest des Tages waren wir damit beschäftigt, unsere vom Staunen weit geöffneten Kiefer mit gutem Essen durch Kauen zu entspannen 😂 …

Das war bitter notwendig, denn am Mittwoch ging es Schlag auf Schlag weiter beim Ritt durch das Valle Sagrado mit dem Besuch der heiligen Stätten in Moray und Chinchero.

Insbesondere Moray gibt noch einmal einen ganz anderen Blickwinkel auf die Intelligenz, Kreativität und handwerkliche Kunst der Inkas. Bei Moray befand sich zur Inka-Zeit nämlich ein Landwirtschaftszentrum. Zu sehen sind hier terrassierte 150 Meter große und bis zu 30 Meter tiefe kreisförmige Ackerbauanlagen mit Bewässerungskanälen und Wassergräben. Was ist hieran aber so besonders? Nun, hier oben in den Bergen auf knapp 3.500 Meter Höhe wächst leider nicht alles, was man damals gerne gegessen hätte. Die mikroklimatischen Anlagen funktionieren demnach wie ein Gewächshaus, das, je nach Terrassentiefe einen Temperaturunterschied von etwa 15° Celsius aufweist und folglich auch den Anbau von Obst und Gemüse ermöglichte, welches ein deutlich milderes Klima erforderte, als es üblicherweise auf dieser Höhe anzutreffen war.

Zum Abschluß des Tages gab es noch einen Abstecher zu den Salineras (Salzterrassen) de Maras. Die Salzgewinnung dort erfolgt nur von Mai bis Oktober … Glück gehabt! Die gut 3.000 terrassenförmig angelegten Becken strahlen gleißend hell, vor allem, wenn die Sonne scheint. Uns erinnerte das grelle Weiß stark an den Besuch des Salar de Uyuni. Frauen und Kinder hacken mühselig die Salzschollen los, Männer buckeln sie anschließend in Säcken weg. Einen Monat soll es wohl dauern, bis sich in einem Salzbecken eine Salzkruste von etwa 250 Kilogramm gebildet hat, für die die Salzbauern dann rund 80 Soles (20 Euro) erhalten. Interessanter Nebenaspekt: die Becken werden über Generationen vererbt … wie Dauerkarten des FC Schalke 04 … naja, vielleicht gerade ein schlechtes Beispiel 😂 …

Über 3.000 Salzbecken werden hier in Maras bewirtschaftet …

Cusco – Hauptstadt des Inka-Reiches

Am vergangenen Montag war es endlich soweit, wir haben die auf 3.430 Meter Höhe gelegene schönste und abwechslungsreichste Stadt Perus, Cusco, erreicht. Aufgrund ihrer historischen Bedeutung ist die einstige Hauptstadt und das Herz des Inka-Imperiums zudem wohl die interessanteste Stadt ganz Südamerikas. Was uns natürlich dazu verleitete, eine ganze Woche hier zu verweilen – aber nicht nur das …

Hatte ich bereits am vergangenen Wochenende ein ungutes Gefühl im rechten unteren Mundraum, geschultes Zahnarztpersonal späche hierbei vom Zahn 4.6, so bestätigte sich dieses Gefühl am Montag. War zunächst eine Spalte im verkronten Zahn zu spüren, löste sich die Krone beim Weingummiverzehr komplett – und übrig blieb der arg geschrumpfte mit scharfen Kanten versehene Zahnstumpf. Nun, dachte ich, wird schon nicht so dramatisch sein: die Krone habe ich noch, muss wohl einfach nur neu geklebt werden … Pustekuchen (Teil 1)! Am Montagnachmittag konsultierte ich in Cusco direkt eine mir vertrauenswürdig erscheinende und englischsprachige Zahnarztpraxis mit Niederlassungen in Peru und … der Schweiz 🇨🇭😅. Der wirklich gut ausgebildete Zahnarzt offenbarte mir in exzellentem Englisch, daß es mit einfachem Kleben nicht getan sei. Die Krone war wohl bereits länger locker, unter ihr hatte sich im Zahnstumpf bereits Karies gebildet und die bereits behandelten Wurzelkanalfüllungen waren porös. Ende vom Lied: zunächst Erneuerung der Wurzelkanalfüllungen, dann neue Kronenhalterung auf die dann die neue Krone kommt … Kostenpunkt rund 2.300 Soles, umgerechnet knapp 600 Euro. Okay, machen … Pustekuchen (Teil 2)!

Am folgenden Dienstag war der erste Termin zur Erneuerung der Wurzelkanalfüllungen anberaumt. Ich wurde bereits stutzig, als die gute Dame in spanischen Dentalfloskeln minutenlang herumstocherte aber nicht zu Potte kam. Nach einiger Zeit kam der Zahnarzt vom Vortag dann vorbei und offenbarte mir ernüchternd, daß der Zahnstumpf leider gebrochen und ein neuer Kronenaufsatz unmöglich sei. Und nun? Tja, zur Vermeidung einer Sepsis half hier seiner Ansicht nach nur noch die Extraktion des Restzahns. Dem ersten Schock folgte unmittelbar die Trotzreaktion – es hilft ja nichts, in Schockstarre zu verharren. Raus damit!

Auch Natalie blickt verträumt vom Mirador de San Cristobal auf das wunderschöne Cusco

So verließ ich am späten Dienstagnachmittag die Klinik mit einem Zahn weniger, einer dicken Wange und Schmerzen, die noch bis zum Freitag anhielten. Auf dem Essensplan standen fortan Suppen, Brei, Antibiotika und gelegentliche Schmerzmittel. Fazit: eine (bisher) traumhafte Südamerikareise mit kaum negativen Zwischenfällen hat keinen zwangsläufigen Anspruch auf dauerhaften Bestand. Beim Reisen bewegt man sich zwar überwiegend auf einem positiven Adrenalinpegel, man sollte jedoch darauf vorbereitet sein, daß auch auf „Wolke 7“ IMMER ALLES passieren kann … genau wie zuhause …

So verlief die Restwoche in Cusco, dem ehemaligen „Nabel der Welt“, der mindestens so mächtig und wohl auch reicher als das alte Rom war, nur beschränkt mit unserer Eroberung der Stadt. Dennoch: an den Tagen, wo es mir besser ging, spazierten wir in reduziertem Tempo durch die wunderbare historische Altstadt, auf deren zentralem Platz, der „Plaza de Armas“ vor einigen hundert Jahren noch die aufständischen Inka-Häuptlinge durch die spanischen Eroberer geköpft wurden. An den Tagen, an denen ich durch die Antibiotika und den Schmerzen einfach zu matsche war, machten wir es uns auf dem Campingplatz über den Dächern der Stadt gemütlich.

Alles in allem konnten wir in den bisherigen 2-3 Tagen, die wir unterwegs waren, sehr viel von dem sehen, was wir sehen wollten … das Inka-Museum, die historischen Kirchen und Tempel, den Mercado Central sowie die Inka-Ausgrabungsstätten Pikillaqta und Saqsaywamán. Zudem ließen wir es langsam angehen und machten die Cafés und Restaurants der Stadt unsicher, das „Chull‘s Peruvian Restaurant“ direkt neben dem Coricancha-Tempel war dabei am gestrigen Freitag mit Sicherheit eine der besten, wenn nicht gar die beste Lokalität, in der wir bisher in Südamerika gespeist haben …

Brücken aus Gras

Von Puno aus ging es für uns am Freitag zunächst Richtung spektakulärer Anden-Natur … zu den Rainbow Mountains von Pallay Punchu. In den Anden, vor allem in Argentinien und Peru gibt es zahlreiche Plätze in Bergszenerien, die aufgrund der Farbgebung ihrer Sedimentschichten fantastische Panoramen bieten und deshalb Regenbogenberge (Rainbow Mountains) genannt werden. Wir haben Pallay Punchu einen Besuch abgestattet, weil die Regenbogen-Panoramen der Berge einfach fantastisch sind und diese Gegend vor allem noch nicht so touristisch vermarktet wird, wie andere bekannte Orte, wie z.B. Vinicunca.

So schlugen wir am Freitagabend unser Nachtquartier mit grandioser Aussicht am Hochgebirgspass des Pallay Punchu auf und wussten garnicht, wo wir zuerst hinschauen sollten, hinunter ins Tal zur Laguna Langui oder hinauf zu den Hängen des Pallay Punchu …

Obwohl es 5 Meter neben unserem Stellplatz am Pass steil hinunter ging, schliefen wir wie Babys an diesem wirklich magischen Ort. Zumindest ich … Natalie hatte hier auf 4.500 Meter Höhe eher weniger Schlaf 😉.

Am Folgetag führte unser Weg Richtung Cusco uns zu einem weiteren Höhepunkt der Inka-Kultur, dem der Titel dieses Beitrags gewidmet ist. Q‘iswachaca heisst die Inka-Brücke in der indigenen Quechua-Sprache. Etwa 150 Meter unterhalb der Straße hängt diese ganz aus Grasfasern hergestellte Hängebrücke und überspannt auf 28 Metern die Schlucht, die der Rio Apurímac über Jahrtausende in den Fels geschnitten hat.

Um Flüsse zu überwinden, setzten die Baumeister der Inka die unterschiedlichsten Brückentechniken ein. Die höchste Stufe der inkaischen Brückenarchitektur sind Hängebrücken, wie die Q‘iswachaca, die noch heute reißende Flüsse überspannen. Dabei werden mindestens 3 tragende Hauptseile aus Agavenfasern über die Schlucht gespannt, die mit steinernen Brückenköpfen im Boden verankert werden. Auf die drei unteren Hauptseile werden Querhölzer gelegt und mit geflochtenen Pflanzenfaserschnüren aus Ichu-Gras verbunden. Die Zwischenräume werden mit Ästen, Zweigen und Tierhäuten soweit abgedeckt, daß sogar Lamas über die Brücken laufen können.

Da diese natürlichen Brücken ungeschützt der Witterung ausgesetzt sind, müssen sie jährlich erneuert werden. Im Rahmen eines kulturellen Festes treffen sich dazu alljährlich im Juni die rund 700 Bewohner der umliegenden Gemeinden und packen gemeinsam in etwa 3 Wochen an, um die Q‘iswachaca-Brücke zu erneuern. Seit über 600 Jahren findet dieses jährliche Ritual ohne Unterbrechung statt. Wie ihre Vorfahren vor ihnen, wird die Hängebrücke mit den überlieferten Techniken erneuert. Frauen fertigen dabei die geflochtenen Faserschnüre, dürfen der Brücke während des Baus jedoch nicht zu nahe kommen und diese befestigen … Männersache!

Wer traut sich?

Es gäbe ein schlechtes Karma, so der überlieferte Glaube und welche Dame will schon die Verantwortung dafür tragen, wenn die Stabilität der Natur-Brücke einmal nicht gegeben ist und Menschen oder gar Lamas in die Tiefe stürzen 😜 …

Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, die Brücke ebenfalls zu überqueren – eine reichlich wacklige Angelegenheit, die für Menschen wie mich mit Höhenangst eine Herausforderung darstellen. Der Herausforderungen mußte ich mich jedoch stellen. Ich hatte auch keine andere Wahl, waren vor mir doch eine Gruppe Einheimischer mit Kindern und Frauen erfolgreich über die Brücke gestiefelt … was hätte das für einen Eindruck gemacht 😉 …

Die schwimmenden Schilf-Inseln der Uros

Willkommen in Peru! … hieß es dann am vergangenen Mittwoch. Das mittlerweile siebte Land in Südamerika wartet auf unsere Eroberung. Na dann mal los …

Neben hübschen Kleidern trägt man auch gerne schräge Kostüme …

Ein paar Kilometer hinter Copacabana lauerte der kleine Grenzübergang Kasani als Tor zur peruanischen Grenzstadt Yunguyo. Völlig unvorbereitet trafen wir dort nach den drögen Grenzformalitäten auf eine bunt verkleidete Bevölkerung, gesperrte Straßen, laute Musik und Tanz. Erste Vorboten des Karnevals – kultureller Ausnahmezustand in allen südamerikanischen Ländern … so auch hier …

Wir blieben jedoch nur für einen kurzen Stop, um das Treiben zu beobachten, anschließend ging es weiter nach Puno auf der peruanischen Seite des Titicaca-Sees. Dort kamen wir erst nach Einbruch der Dunkelheit an, was grundsätzlich den Nachteil hat, daß man die Umgebung potentieller Stellplätze nicht vernünftig begutachten kann. So stellten wir uns kurzerhand vor das Rathaus der indigenen Gemeinde Chulluni etwas außerhalb von Puno. Von dort wollten wir am Folgetag eine Bootstour auf die schwimmenden Schilfinseln der Uro-Nachfahren auf dem Titicaca-See unternehmen.

Von der Uro-Gemeinde Chulluni per Boot auf die schwimmenden Uro-Schilfinseln
Neben traditionellen Schilfbooten fahren die Uro-Nachfahren heute auch motorisiert 😎

Das Volk der echten Uro ist heute ausgestorben, wenngleich ihre Nachfahren, wie Lorena, unsere Gastgeberin, die mit ihrer Familie Vollzeit auf einer dieser schwimmenden Schilfinseln lebt, versuchen, die Uro-Kultur zu erhalten. Die Uros galten als „Seemenschen“, als das wildeste Volk im Inkareich und hatten eine sehr dunkle Hautfarbe. Die Inka konnten die Uros nie unterwerfen, da sie sich bei Auseinandersetzungen immer auf ihre Schilfinseln im Titicaca-See zurückziehen konnten.

Obwohl es die „echten“ Uros nicht mehr gibt, möchte nahezu jeder Peru-Reisende die schwimmenden Inseln mit ihren Nachfahren besuchen … so auch wir. Am Donnerstagvormittag trafen wir uns mit Lorena und Teboy, um mit den beiden per Boot in rund 15 Minuten zu Lorenas Insel zu fahren, die am Rande des Schilfgürtels (totoral) des Titicaca-Sees liegt. Sicher, neben den Erklärungen, wie eine Schilfinsel gebaut und erhalten wird, wie sich das Leben auf diesen paar Quadratmetern abspielt und wie sich die Kultur, Sitten und Bräuche der Uro-Nachfahren darstellen, geht es bei einer solchen (touristischen) Tour für die indigene Bevölkerung immer auch darum, Geld durch den Verkauf von Kunsthandwerk und die Touristentouren auf die Inseln zu verdienen.

Wichtig für uns – und daher angenehm – war, daß dies nicht aufdringlich erfolgt. Das war auch der Hauptgrund, warum wir die Kontaktaufnahme direkt über die Familie vornahmen. Teboy erklärte uns mit viel Geduld, wie eine Schilfinsel entsteht und wieviel Arbeit es bedarf, sie am Schwimmen zu halten. Das Totora-Schilf ist und bleibt dabei das Lebenselement dieser Familien. Aus diesem besonderen Schilf wird die komplette Insel hergestellt. Da die unterste (und älteste) Schilf-Schicht regelmäßig durch das auftragen einer neuen obersten Schicht erneuert werden muß, ist eine regelmäßige Wartung des schwimmenden Schilf-Unterbaus notwendig. Das Tortura-Schilf wird darüber hinaus für den Bootsbau, die Jagd (Fisch- und Vogelfang) sowie auch als Nahrungsquelle genutzt. Ein wahres Allround-Produkt, das zudem in schierer Menge am Titicaca-See seit Jahrhunderten wächst und die Lebensgrundlage für die „Seemenschen“ darstellt …

Zum Tour-Programm gehört auch indigene Verkleidung 😱

Am Donnerstagnachmittag ging es für uns weiter Richtung Norden … gen Cusco, der Hauptstadt des Inkareiches. Als Zwischenstop stand am vergangenen Wochenende auf dem Weg dorthin und zur Vorbereitung Inka-Architektur und Anden-Natur auf dem Programm … dazu aber im nächsten Beitrag mehr …

Wiege der Inka-Kultur

Nachdem wir eine äußerst abwechslungsreiche und aufregende Woche in La Paz verbracht haben, führte uns unser Weg am vergangenen Sonntag weiter nordwestwärts Richtung Peru und Titikakasee und demnach auf direktem Weg weiter in das ehemalige zentrale Reich der Inkas.

Zeichnung von Tiwanaku im möglichen Originalzustand

Vor oder zeitgleich mit den Inkas lebten auch andere Völker im Westen Südamerikas, die Chinchorro-Kultur mit ihrem Mumifizierungsritual hatten wir bereits in Arica kennengelernt. Eine andere – die Tiwanaku-Kultur – lernten wir am Sonntag im Rahmen einer Besichtigung der Tiwanaku-Ruinen am südlichen Ende des Titikakasees kennen.

Die Tempelstadt Tiwanaku ist die wichtigste und eine der sehenswertesten präkolumbischen Kulturstätten Boliviens und folglich auch UNESCO-Weltkulturerbe. Nach dem Untergang Tiwanakus um etwa 1.000 n.Chr. dienten die Steinbauten als Steinbruch. Gehauene Steine wurden für Kirchen, Häuser und sogar für die Eisenbahnlinie nach La Paz als Baumaterial weggeschleppt. Das überhaupt noch etwas übrig blieb, ist primär der Größe einiger Quader und dem Österreicher Arthur Posnansky zu verdanken, dessen Lebenswerk die Erforschung Tiwanakus war.

Von Tiwanaku fuhren wir noch am Sonntag weiter direkt an den Titikakasee, nach Copacabana. Nein, diese Stadt am See ist nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen berühmten Strand in Rio des Janeiro.

Der Weg dorthin beinhaltet auch eine abenteuerliche Fährpassage über eine Bucht des Sees mit Holzflössen, auf denen sogar ganze Reisebusse wackelnd und schaukelnd unter den knarrenden Planken der anscheinen stabilen Holzkonstruktionen auf die andere Uferseite gebracht wurden. Nun, wenn die dort trocken ankommen, dann wird unser Chop-Chop die Fahrt auch überstehen, dachten wir uns. In Ermangelung von Alternativen, hatte Chop-Chop auch keine andere Wahl 😜.

Der Titikakasee generell und die Gegend um Copacabana mit den Inseln „Isla de la Luna“ und „Isla del Sol“ im Speziellen gelten als die Wiege der Inka-Kultur! Beide Inseln und den Titikakasee haben wir in den letzten Tagen auf Besuchen mit einem lokalen Führer detailliert kennenlernen und viel über die Geburtsstunde der Inkas erfahren dürfen.

Copacabana blickt auf eine über 3.000 Jahre alte Geschichte zurück, es war einst ein bedeutendes Zeremonial- und Kulturzentrum und ist heute ein wichtiger Wallfahrtsort. Zu Zeiten der Inka-Herrschaft wurde von Copacabana zum Heiligtum Huaca Titicaca auf der Nordseite der Isla del Sol gepilgert. Diesem Ritual der Inka kamen auch wir am vergangenen Dienstag nach …

Bevor wir der Nordseite der Isla del Sol einen Besuch abstatteten, fuhr unser Guide Vidal mit uns, einem in Kanada lebenden Paar aus Venezuela und zwei Italienern in seiner Nußschale zunächst zur Isla de la Luna.

Zwei Italiener, ein Deutscher und zwei venezolanische Kanadier …

Neben der Sonneninsel (Isla del Sol) ist nämlich auch die Mondinsel (Isla de la Luna) mit dem ungewöhnlichen Mondtempel absolut besuchenswert! Ich persönlich fand den Mondtempel sogar wesentlich interessanter als den Sonnentempel der Sonneninsel. Fasziniert hat mich vor allem die erstaunliche Ähnlichkeit des Mondtempels zur islamischen Architektur, vor allem die dreidimensionale geometrische Fassadengliederung. 

Die Sonneninsel hingegen hat eine deutlich größere spirituelle Wichtigkeit für die ehemalige und heutige indigene Bevölkerung, was man neben dem Sonnentempel insbesondere an den zahlreichen Opfer- und Pilgerstätten erkennen kann. Unser Guide Vidal wurde nicht müde, zu erwähnen, wie wichtig das Opfern von Coca-Blättern, Pflanzen und Blumen sowie von Tieren und … Menschen (!) ist. Wie bereits auf dem Hexen- und Schamanen-Markt in La Paz vernommen und demnach von zwei unabhängigen Instanzen vermittelt, scheint hieran vielleicht doch ein Funken Wahrheit zu sein. Vielleicht ist das auch der Grund, warum in La Paz und anderen Großstädten Boliviens so wenige Obdachlose zu sehen sind … mussten diese ggf. als Opfer die Fundamente neuer Häuser segnen 😱 …

Zurück zur Sonneninsel … einer Inka-Legende zufolge war hier der Geburtsort des hellhäutigen Schöpfergottes Wiracocha, quasi das Inka-Pendant des Gottes der christlichen Religionen, des ersten Inka Manco Capac, quasi das Inka-Pendant zu Adam, und dessen Frau Mama Ocilo, quasi das Inka-Pendant zu Eva. Völlig klar, daß dadurch für die indigenen Quechua und Aymara nicht nur die Inseln sondern auch der Titicaca-See selbst heilig und die Keimzelle des Inka-Imperiums wurden … Amen!