Ja, es ist wieder soweit! Das Format „Eine Woche mit uns …“ soll in dieser Woche wieder genutzt werden, um euch unsere gesammelten Erlebnisse der letzten Tage in La Paz – der einzigartigen Hauptstadt Boliviens – näher zu bringen.


Zunächst ging es für uns am vergangenen Wochenende jedoch von Arica an der Pazifikküste wieder ostwärts in das Altiplano der Hochanden und über Putre, wo wir zwei Tage zur Höhenakklimatisierung verbrachten, zur bolivianischen Grenze auf 4.600 Meter Höhe. Dies- und jenseits der Grenze liegen zwei wunderschöne Nationalparks vulkanischen Ursprungs – der Parque Nacional Lauca auf chilenischer und der Parque Nacional Sajama auf bolivianischer Seite. Beide lagen glücklicherweise direkt auf unserem Weg, der „Ruta Internacional Interandina Arica – La Paz“, so daß wir immer wieder mit Miradore beglückt wurden, die spektakuläre Ausblicke auf die grandiose Nationalparksszenerie freigaben.




Am späten Sonntagabend erreichten wir dann das für sein Verkehrschaos legendäre und berüchtigte La Paz. Seinen diesbezüglich berüchtigten Ruf bekamen wir auch prompt präsentiert, waren just auf der von uns benutzten Einfallstrasse nach El Alto, der 500 Meter höher gelegenen und durch eine steile Abrisskante von La Paz getrennten Schwesterstadt, die für Bolivien üblichen Verkehrsblockaden errichtet worden. Wer meint, daß in Europa oft und viel gestreikt wird, der soll gerne mal nach Bolivien reisen. Hier gibt es eine eigene Internetseite, die täglich aktuell über Strassenblockaden berichtet. Nicht selten kommt es vor, daß man ganze Landesteile über Tage mit keinem motorisierten Gefährt erreichen kann!




Sei‘s drum – wir errichteten kurzerhand und aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit und einsetzenden Dämmerung unser Nachtlager an einem Mirador an oben genannter Abrisskante und hatten als Entlohnung einen spektakulären abendlichen Blick auf das Lichtermeer des 500 Meter tiefer liegenden La Paz.

Am folgenden Montag fuhren wir dann die steilen und engen Gassen der Doppelmetropole El Alto / La Paz hinunter nach La Paz zu unserem Campingplatz Las Lomas, wo wir bei Marcos und seiner Familie 6 ruhige und ereignisreiche Tage verbrachten. Da Marcos seinen Campingplatz mit einer KFZ-Werkstatt kombiniert hat, bot sich hier für uns auch die einmalige Gelegenheit, das eine oder andere Wehwehchen an Chop-Chop zu beseitigen – Marcos legte hier tatkräftig seine erfahrene Hand an.


La Paz und El Alto sind eine wahrhaft einzigartige Doppelmetropole – in vielerlei Hinsicht! Zunächst einmal ist La Paz die höchstgelegene Stadt der Welt. Die Verwaltungshauptstadt Boliviens liegt auf 3.869 Meter über dem Meeresspiegel. Darüber hinaus gibt es nur in der „Stadt des Friedens“ ein öffentliches Seilbahnnetz von mehr als 30 Kilometer Länge – erbaut vom österreichischen Weltmarktführer Doppelmayr. Die Teleferico ist mit derzeit zehn Linien und mit 33 Kilometer Gesamtlänge das weltweit größte städtische Seilbahnnetz, welches als öffentlicher Nahverkehr genutzt wird. Die Gondelbahnen erschließen den bolivianischen Regierungssitz La Paz und die Nachbarstadt El Alto und befördern täglich mehr als 300.000 Fahrgäste. Das Bolivien das Land mit der mit 60% höchsten Quote indigener Bevölkerung in Südamerika ist, sieht man auch in La Paz sehr deutlich. Neben den Nachfahren europäischer Einwanderer und der spanischen Eroberer, leben hier vor allem Aymara- und Quechua-Stämme.




Durch die hohe Quote indigener Bevölkerung sind in La Paz und El Alto skurrile Sitten und Bräuche zu entdecken … zum Beispiel auf dem Mercado de Brujas, dem Hexenmarkt, auf dem es alles zu erwerben gibt, was zum Praktizieren des uralten Glaubens der Aymara benötigt wird … inkl. Lama- und Ferkelföten. Auf der Straße der Schamanen kann mit den zuvor erworbenen Zutaten vom Hexenmarkt dann die spirituelle Sitzung vollzogen werden, um durch Opfergaben und spirituellen Zeremonien die individuellen Ziele bestmöglich zu unterstützen. Die sogenannten Yatiri sind die Schamanen und Heiler des Aymara-Volkes. Sie lesen aus Kokablättern und dienen der Gemeinde durch weiße Magie. Welches Problem auch immer existiert – gesundheitliche Probleme, Konflikte in der Familie oder mit dem Partner – Yatiris können sie mit Hilfe von Ritualen, Naturmedizin und Zaubersprüchen angeblich lösen.




Die getrockneten Lamababys und Lamaföten hingegen sind Opfergaben für Pachamama. Je größer und weißer ein Lama ist, um so teurer ist es. Als Glücksbringer werden die toten Tiere im Fundament neuer Häuser eingegraben um damit den Bewohnern ein glückliches Leben zu sichern.




Bei großen Bauprojekten wie Mehrfamilienhäusern, Brücken oder ähnlichem wird bezweifelt, dass die Opferung eines Lamafötus allein ausreichend ist um Pachamamas Segen zu erhalten. Nach wie vor ist daher immer wieder zu hören, dass auch Menschenopfer gebracht und im Fundament von großen Häusern platziert werden. Besonders Obdachlose oder stark Betrunkene, die leicht zu überwältigen seien, würden auch heute noch Gefahr laufen bei Großbauprojekten als rituelle Opfergabe für Pachamama herhalten zu müssen.




Auch wenn dies vor einigen Jahrhunderten bei den Aymara- und Quechua-Indianern tatsächlich gängige Praxis war, habe ich persönlich doch sehr große Zweifel daran, dass an den heutigen Geschichten etwas dran ist. Trotzdem hinterlassen die Erzählungen ein leicht mulmiges Gefühl und den Entschluss, vielleicht doch besser nicht bei Nacht allein unterwegs zu sein 😜 …




Gert, unser Guide aus Lübeck, der seit mittlerweile 40 Jahren in La Paz wohnt, hat uns am Dienstag durch La Paz und El Alto zu all diesen schrägen Erlebnissen geführt – eine wahrhaft spannende und ereignisreiche Sightseeing-Tour.




Nachdem wir das Erlebte am Mittwoch verarbeiten konnten, waren wir am Donnerstag bereit für das nächste skurril-schräge Erlebnis … das Cholita-Wrestling …
Cholita ist die Bezeichnung für Aymara und Quechua Frauen in traditioneller Kleidung. Überall in La Paz sieht man die Damen in ihren langen, farbigen und mehrlagigen Röcken, einem bunten Tuch oder Tragetuch um die Schultern, zwei geflochtenen Zöpfen und einem kleinen meist schwarzen Hut auf dem Kopf. Cholita ist dabei die Verkleinerungsform der sogenannten Cholos und Cholas. Da dieser Begriff jedoch von den Spaniern als abwertend für die indigene Bevölkerung verwendet wurde, wird die Bezeichnung Chola noch heute als sehr unhöflich empfunden. Gegen die Verkleinerungsform ist jedoch nichts einzuwenden 😉.




Auch hier findet sich die eigentliche Skurrilität in El Alto. Unter den dortigen Cholitas hat sich nämlich eine lebendige Wrestlingszene entwickelt. Die Damen kämpfen hier in ihren traditionellen Gewändern gegeneinander und zahlende Besucher sind bei diesem Spektakel gerne gesehen … für uns ein gefundenes Fressen 👍.
Das Spektakel war auf jeden Fall sein Geld wert! Wenn du ein professionelles Entertainmentprogramm suchst, bist du hier selbstredend falsch. Aber wer sich … wie wir … auf ein höchst unterhaltsames, bizarres, lautes und irgendwie durchgeknalltes Programm einlassen möchte, das Touristen und Bolivianer gleichermaßen feiern, ist hier absolut richtig …




Nach diesem Abend brauchten wir jedenfalls zwei Tage zum Verarbeiten 😂












































































































































































