Der Tango Argentino ist immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO und sicherlich ein kulturelles Highlight Argentiniens. Meine liebe Verlobte Natalie nahm diesen Umstand zum Anlass, mich zum jüngst abgelaufenen Weihnachtsfest mit einem passenden Geschenk zu beglücken … einer Tango-Dinner-Show heute Abend im Madero in Buenos Aires!

Seid gespannt auf unseren Bericht, Fotos und Videos von der Veranstaltung … 😍
… auf die und den Tango Argentino allgemein ich nun etwas intensiver eingehen möchte.
Der Tango Argentino spiegelt zweifelsfrei die Seele Argentiniens wider, das konnte man auch bei der gestrigen Veranstaltung deutlich merken. Die Identifikation und die Begeisterung der doch überwiegend argentinischen Gäste für die Darbietungen war allgegenwärtig und insbesondere im emotionalen Applaus am Ende jeder Performance zumindest für mich deutlich erkennbar.

Im Tango werden die üblichen Klischees verarbeitet, Liebe, Freude, Trauer, Verzweiflung aber auch Krieg und Geschichte lassen sich sehr gut in diesem melancholischen Tanz ausdrücken und wenn Du gute Tänzer, Sänger und Schauspieler hast, dann wird daraus ein rundes Gesamtwerk, das die Zuschauer mitnimmt.
Der Anfang war für mich ein wenig holprig, das gebe ich zu, aber spätestens als die für mich beste Solistin der Veranstaltung die spanische Version von Evitas „Don‘t cry for me Argentina“ trällerte, hatte ich Gänsehaut pur. Danach ging es rasant weiter, Männer schmetterten sich im Wettbewerb gegenseitig emotionale Tango-Schritte entgegen, daß man dachte, in einer Flamenco-Veranstaltung zu sein. Auch die vor Erotik berstenden Mann-/Frau-Darbietungen waren der Hammer.

Da wir direkt vor der Bühne aber leider seitlich saßen, konnten wir zwar alles gut sehen aber die Nuancen nicht immer wahrnehmen, da uns der Frontalblick fehlte. Egal! Die Show war jeden Peso wert!
Das Drumherum fiel dagegen komplett aus der Rolle und für mich sehr negativ auf. Ich hasse es, bei solchen ohnehin schon nicht günstigen Veranstaltungen auch noch laufend mit In-App-Käufen belästigt zu werden 😉. Der Höhepunkt war der Fotograf, der uns während (!) des Essens – ich hatte gerade die Hauptspeise begonnen – nötigen wollte, mit Tango-Tänzern zu posieren, um dann die Fotos anschließend käuflich zu erwerben. Erstens stellte sich später heraus, daß die beiden vermeintlichen Tango-Poser überhaupt kein Teil des Teams der Show waren und zweitens brauche ich keine gestellte Tango-Szene, um damit zuhause angeben zu können … das ist mir zutiefst zuwider.
Der Star sind die Künstler, ganz gewiss nicht ich …
Das wir abgeholt werden sollten, um in dem nachts nicht ganz sicheren Teil Buenos Aires nicht selber anreisen zu müssen und wir letztlich kurz vor Beginn entschieden, nicht weiter zu warten, sondern ein Taxi zum Veranstaltungsort zu nehmen, lasse ich schmunzelnd unter der Rubrik lateinamerikanisches Organisationschaos laufen, ebenso, wie den komplett chaotischen Rücktransport der Gäste … so isses halt in vielen Teilen der Erde, das muss man gelassen hinnehmen.
Alles in allem zählt für mich primär die Show, den Rest blende ich aus. Und die war spitzenklasse … danke mein Schatz für das tolle Weihnachtsgeschenk ❤️

Man muss jedoch nicht zwingend auf eine kommerzielle Veranstaltung gehen, um eine gute Tango-Performance in Buenos Aires sehen zu können! Der Tango ist in der Stadt allgegenwärtig und wird überall live praktiziert … in Parks, Fußgängerzonen, belebten Plätzen und selbstverständlich an Touristen-Hotspots. Sicher gibt es Paare, die dabei ihren Hut vor sich stellen und auf Spenden der Zuschauer hoffen, weil sie das Geld einfach benötigen, um über die Runden zu kommen und das ist auch völlig legitim.

Schließlich ist Armut in Argentinien weit verbreitet, „echte“ Bettler gibt es jedoch kaum. Jeder ist gewillt, etwas für sein Überleben zu tun und sei dies auch noch so würdelos. Respekt!
Schaut euch gerne in dem Kontext die Arbeit der Cartoneros an, die für das Sammeln von Pappe umgerechnet ganze 10 Cent pro Kilogramm erhalten und damit ihre Familien ernähren müssen. Staatliche Stütze – Fehlanzeige!
Den Empfänger staatlicher Leistungen möchte ich in unseren Gefilden sehen, der sich so etwas „antun“ würde. In Argentinien haben die Menschen keine Option, wenn sie und ihre Familien überleben wollen (siehe Bericht „Armee des Hungers“). In unseren Gefilden dagegen kann man es sich leisten, deutlich würdevollere Arbeiten einfach abzulehnen *kopfschüttel* …
Ganz viel Spaß dabei und liebe Grüße!
Ein Tango-Argentino-Abend ist bestimmt ein toller Start in euer Südamerika-Abenteuer!
Liebe Grüße 😍