Nun, dieser Beitragstitel sagt eigentlich alles und normalerweise ist dem wenig hinzuzufügen … außer natürlich die vielen Details und Erlebnisse während dieser einmaligen 10 Tage, die uns für immer in Erinnerung bleiben werden …




Man kennt es ja aus dem europäischen Fernsehen, wenn zur deutschen Karnevalszeit Ausschnitte von den Karnevalstagen in anderen Ecken der Welt, insbesondere auch aus dem globalen Karnevals-Mekka Rio de Janeiro gezeigt werden. Oftmals wird sich hier auf Umzugsszenen der Samba-Gruppen aus dem Sambodromo beschränkt. Sicher, eindrucksvoll, aber bei Weitem nicht das Einzige, was den „richtigen“ Karneval in Rio ausmacht.






Tanzende Menschen – unter ihnen jährlich rund 1 Mio. Besucher aus aller Welt – mit viiiiiel nackter Haut auf den Straßen der Viertel Rios zelebrieren mit viiiiiiel Alkohol (Caipirinha ist das brasilianische Nationalgetränk), lauten Sambarhythmen und reichlich Street-Food den Straßenkarneval im Rahmen von Blocos und Bandas.





Blocos und Bandas sind ein Team aus Leuten die Partys mit Musikbegleitung und Tanz organisieren und wenn diese Musik Bassinstrumente beinhaltet, was sie sehr oft tut, sind Sie als Bandas bekannt. Ihre Geschichte reicht bis ins späte 18. Jahrhundert zurück, als die Cordoes erschaffen wurden. Diese Klubs aus Leuten haben Paraden mit einheimischer Musik, choreografierten Tänzen und Instrumenten organisiert und sich später auf ihre eigenen Bezirk beschränkt. Die Blocos und Bandas entstanden aus den Cordoes und obwohl Sie keine eigene Parade haben, ist die Musik ein fester Bestandteil dieser Partys. Die Blocos und Bandas von Rio organisieren zwanglose Partys an beliebten Orten den ganzen Karneval hindurch und manchmal sogar während des Jahres, abhängig von Ihrer Beliebtheit. Über eine eigene App konnten wir schnell checken, an welchen Orten und zu welchen Zeiten die besten Blocos und Bandas stattfinden … das Gerüst für die 10 tollen Tage stand 😎.




Da wir, wie erwähnt, Besuch aus Deutschland von Jens-Peter hatten, drehte sich jedoch in der Zeit nicht alles um Karneval. Jens-Peter hatte nämlich sein ganz eigenes Sightseeing-Programm mitgebracht und uns als erfahrene Rio-Insider als Tour-Guides ausgemacht. Kein Problem, auf geht‘s!





So hatten auch wir die Chance, mit ihm zusammen einige Dinge zu unternehmen und einige Orte zu sehen, die wir auf unserem ersten Besuch in Rio zeitbedingt auslassen mussten. In unserem modernen Viertel Barra da Tijuca hatten wir uns in einer ruhigen Posada auf der in der Lagune gelegenen Insel „Ilha da Gigóia“ niedergelassen. Hier stand für uns am Karnevalswochenende eine Bootstour durch die Lagune sowie die Erkundung des Viertels mit seinen tollen Gastronomieangeboten und dem feinsandigen kilometerlangen Sandstrand auf dem Programm.





Anfang der Karnevalswoche grasten wir dann die üblichen Sehenswürdigkeiten, die Jens-Peter natürlich noch nicht kannte, ein zweites Mal ab. Es ist wie Eintopf – beim zweiten Essen schmeckt es fast noch besser 😂 … Zuckerhut, Cristo Redentor Statue, Escadaria Selarón, die olympische Promenade, die historische Innenstadt Rios und der Nationalpark Tijuca standen auf dem Programm. Letzteren hatten wir bei unserem letzten Besuch ebenfalls noch nicht ausgiebig kennenlernen können, so daß mir die Tages-Wanderung mit Jens-Peter zum „Waterfall of Souls“, dem Wasserfall der Seelen, ganz gelegen kam.



Zurück zum Karneval: der Kern des Karnevals in Rio sind zweifelsfrei die Sambaschulen! Die Sambaschulen veranstalten die größte Show beim Karneval in Rio, den Sambaumzug im Sambodromo, bei dem wir am Samstag, den 8. März 2025 live anwesend waren, um zusammen mit den anderen 88.000 Besuchern über 8 Stunden von 22 Uhr abends bis 6 Uhr am frühen Sonntagmorgen den 6 besten Sambaschulen bei ihrer Abschlußparade zuzuschauen. Fesselnd, beeindruckend, grandios … so die passenden spontanen Adjektive meinerseits …








An dem Wochenende davor, dem eigentlichen Karnevalswochenende, fanden die Wettbewerbe statt im Rahmen derer der diesjährige Gewinner ermittelt wurde. Die unabhängige Liga der Sambaschulen von Rio de Janeiro (LIESA) organisiert dabei die jährlichen Sambaparaden. Gemäß seiner Regelungen eröffnet der Gewinner des vorherigen Jahres der Aufstiegs- oder Goldgruppe den Sondergruppenumzug am Sonntag, während die Gruppe mit den zweitniedrigsten Punkten den Montagssambaumzug am „Rosenmontag“ eröffnet.






Die Sambaschulen erhalten die Tradition der Ahnen des Landes, die afrikanische Kunst, Musik und Tanz im 8. Jahrhundert mitgebracht haben. Tatsächlich kommt eine aufregende Mischung von alter und moderner Kultur beim Karneval zum Vorschein. Die Schulen beginnen die Vorbereitung mit der Auswahl eines Themas. Ein Lied zum Thema wird komponiert, das manchmal aus umstrittenen Themen besteht. Alle die anderen Samba Grundlagen wie Kostüme, Umzugswagendekoration und die Choreografie kommen zusammen aus Tausenden von Tänzern, Sängern und talentierten Künstlern, die eine spektakuläre Show an den Karnevalsnächten aufstellen. Alle Einnahmen für die harte Arbeit gehen in die Entwicklung der jeweiligen Bezirke.




Jede Schule hat seine eigenen Tänzer, Musiker und ein Team von Choreografen, die neben den Kostümdesigner und Wagenbauern, eine einzigartige Aufführung für die Samba Parade kreieren. Während der Kampfgeist jeder Schule stark bleibt, schwächt dies nicht die Kameradschaft, da jede Schule für den Meistertitel im Sambadrom kämpft. Ihr Enthusiasmus beim Karneval ist unübertroffen und wird selten bei anderen Veranstaltungen auf der Welt so erlebt.





Wenn der Sieger der Sondergruppe am Aschermittwoch bekannt gegeben wird, kommen die sechs Spitzenschulen zurück für Ihren letzten Showdown bei der oben genannten Siegerparade am Samstag, bei der wir waren. Der Umzug ist zweifellos nebem dem Karnevalssonntag und dem Karnevalsmontag der Beste zum Zuschauen. So können die sechs Spitzensambaschulen frei vom Wettbewerbsdruck ihren verdienten Siegertitel genießen. Die Siegerparade markiert letztlich das Ende der Feierei bis Ostern. Das Sambodromo war an diesem Abend voll mit Tausenden von Zuschauern, die noch ein letztes Mal in der Saison Samba tanzen wollten – magisch …





Entgegen zentraleuropäischer Bräuche endet der Karneval hier also nicht mit dem Aschermittwoch, ganz im Gegenteil. Ab Mitte der Woche wird hier noch einmal richtig bis zum Ende der Woche Gas gegeben, egal, ob bei den Blocos, den Bandas oder im Sambodromo. Nachahmenswert? Für Karnevalsverrückte sicherlich! 😁