Andenüberquerung

Es ist ja nicht so, daß dies unsere erste Andenüberquerung war, nein. Mittlerweile war die Überquerung des höchsten Gebirges der Südhalbkugel in dieser Woche unsere bereits vierte Passage. Dennoch: es macht einen Unterschied, wo in Südamerika Du die Anden überquerst!

Im Süden in Patagonien sind die Andengipfel noch nicht ganz so hoch, die Pässe, die sich durch die (Hoch-)Täler winden demnach auch auf alpinen Leveln. Spätestens ab dem 30ten südlichen Breitengrad nordwärts und dann insbesondere ab dem südlichen Wendekreis um den 23ten Breitengrad führen die Andenpässe meist über 4.000 Höhenmeter, oft auch nur noch als Schotterpiste. Die Gipfel der Hochanden reichen dabei oft weit über 6.000 Meter in den Himmel, der Aconcagua ist mit 6.961 Metern gar der höchste Berg des amerikanischen Doppelkontinents und der Südhalbkugel.

Insofern verlangt uns eine jede Passage über die Hochanden eine gehörige Portion Respekt ab, Chop-Chop ebenfalls 😜.

Salina Grandes – die kleinen Brüder des Salar de Uyuni in Bolivien

Unsere Andenüberquerung in dieser Woche führte uns dabei zudem an nur einem einzigen Tag von früh morgens bis spät abends über rund 450 Kilometer von Purmamarca in Argentinien hoch ins Altiplano – der Andenhochebene auf 4.000 – 5.000 Meter Höhe – bis nach San Pedro de Atacama in Chile. Einen Teil dieser spektakulären Hochgebirgspiste, die Ruta 52, hatte ich bereits im letzten Beitrag vorgestellt. Den weitaus längeren Teil ab den Salinas Grandes – den kleinen argentinischen Brüdern des Salar de Uyuni in Bolivien – hatten wir da noch vor uns. Dieser führte uns über das Andendorf Susques stetig hoch zur Grenze auf der Passhöhe, dem Paso de Jama auf rund 4.300 Meter Höhe. Den Scheitel dieser Andenpassage hatten wir hier jedoch noch nicht erreicht, dieser erwartete uns auf chilenischer Seite auf dem finalen rund 150 Kilometer langen Teilstück hinunter nach San Pedro de Atacama.

Zwei Drittel dieses letzten Teilstücks verliefen weiterhin auf der Hochebene des Altiplano und hier mussten wir – ich, Natalie und vor allem Chop-Chop – extreme Anstiege bis auf 4.600 Höhenmeter meistern. Die Piste war teilweise so steil, daß wir lediglich im ersten Gang und mit 20 km/h überhaupt hoch kamen. Nicht nur einmal hatte ich Schweißperlen auf der Stirn, ob unser Chop-Chop das schafft. Er schaffte es! Da hat unser Chop-Chop ja seinen Stolz … wenn die alten Kisten der Argentinier und Chilenen das schafften, konnte er sich schließlich keine Blöße geben 😜. Dennoch – es war nicht das erste Mal auf dieser Reise, daß ich heilfroh war, 180 Pferdestärken aus 3 Liter Hubraum im Iveco-Common-Rail-Turbo-Diesel-Motor unseres Citroën Jumper zur Verfügung zu haben!!!

Wobei, Turbo-Diesel ist dort oben in den Höhen nicht! Der Sauerstoffgehalt ist so niedrig, daß der Turbolader zwischen 3.000 und 3.500 Meter Höhe regelmäßig seinen Dienst einschränkt: die Leistung lässt merklich nach, der Dieselverbrauch steigt und die Verbrennung haut dunkle Wolken aus dem Auspuff. Hatte uns dieses Verhalten am Anfang unserer Reise noch Bauschmerzen bereitet, nehmen wir es mittlerweile als unumgänglich zur Kenntnis, zumal sich die Motorleistung auf niedrigeren Höhen schnell wieder normalisiert.

Das war jedoch noch nicht die letzte Herausforderung! Das letzte Drittel des Teilstücks runter nach San Pedro de Atacama ist ebenfalls extrem steil. Steilheit beim Anstieg lässt den Motor ächzen, Steilheit bei der Abfahrt die Bremsen … und es ist alles andere als ungefährlich!

Die Abfahrt von 4.600 Höhenmeter runter nach San Pedro de Atacama auf 2.300 Höhenmeter auf lediglich knapp 40 Kilometer sagt alles über die Steilheit aus. Die gesamte Strecke sind regelmäßig lange Notfallpisten mit Kies und entsprechender Steigung angelegt worden, an einigen dieser Pisten standen Wracks – teils ausgebrannt – von PKWs, LKWs und Bussen – stumme Zeugen und Mahnmale allzu unbesorgten (Ab-)fahrens, mangelhafter Bremsen oder unzureichender Nutzung des Motors als Bremse.

Gegen 20 Uhr erreichten wir schließlich San Pedro de Atacama, machten uns kurz was zu essen und fielen dann nach diesem aufregenden und herausfordernden Tag hundemüde ins Bett …