Am gestrigen Samstag war es dann so weit – wir verließen Rio de Janeiro und reisten nach 8 Tagen in dieser wunderbaren Stadt schweren Herzens an der Costa Verde entlang weiter Richtung Süden. Zwar hatten wir in den letzten Monaten viele tolle und einmalige Orte kennenlernen dürfen aber letztlich ist es wie in der Liebe … manchmal macht es einfach „Boom“. Ein solches „Boom“-Erlebnis hatten wir während unserer Zeit in Rio – wir haben uns in die Stadt und die Menschen verliebt 🥰 …




Was genau war es, das uns dazu gebracht hat, zu sagen: „Ja, das ist ein Ort, an dem wir uns vorstellen können, zu leben!“?
Da fällt uns als Antwort einiges ein:
- Das entspannte und trotz der Größe (> 6 Mio. Einwohner) hektikfreie Leben der Menschen
- Die überall zu spürende Lebensfreude der Cariocas (Einwohner von Rio) – nicht nur während des Karnevals
- Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen
- Die grandiose Symbiose von (Groß-)Stadt und Natur
- Die schier überwältigende Zahl an großen und kleinen Sehenswürdigkeiten, Freiluftveranstaltungen, Märkten, etc.
- Das tolerante Miteinander unterschiedlichster Rassen und Nationalitäten
- Die mondäne Weltoffenheit der Stadt als Ganzes
- Die vielen überall in der Stadt verteilten Parks und Grünanlagen
- Das türkisblaue Meer mit unzähligen wunderschönen Stränden und Freizeitmöglichkeiten
- Der dörfliche Charme, der in den Stadtteilen noch unverkümmert zu erkennen ist
- Das angenehme Klima und die ganzjährig warmen (bis heißen) Temperaturen
Alle diese Eindrücke prasselten sukzessive auf uns ein, führten bereits am ersten Wochenende zum oben genannten „Boom“-Effekt und wurden gekrönt, als wir am Sonntagabend bei erstklassigen DJ-Vibes auf dem Zuckerhut abtanzten und mit einem Cocktail in der Hand den perfekten Sonnenuntergang über Rio genossen. Die Welt hätte in diesem Moment stehen bleiben können – es wäre der perfekt Moment gewesen!




Rio de Janeiro ist selbstverständlich für seine atemberaubenden und weltweit bekannten Sehenswürdigkeiten berühmt. Egal, ob Zuckerhut, Cristo Redentor-Statue, Copacabana, Ipanema oder das Maracana-Stadion – jeder dieser Orte ist absolut sehenswert. Darüber hinaus gibt es jedoch noch viel mehr Sehenswertes, so daß selbst 8 Tage vor Ort deutlich zu wenig wären, um sie auch nur annähernd alle zu erleben. Deshalb gehen wir hier auf die Erlebnisse ein, die uns besonders bewegt haben … vom Zuckerhut hatte ich oben ja bereits berichtet 😎.




Das erste Wochenende nach unserer Ankunft verbrachten wir damit, unsere unmittelbare Umgebung im modernen und gehobeneren Stadtteil „Barra da Tijuca“ zu erkunden, sowie die Dinge des täglichen Lebens zu erledigen. Das „Fritz House“, geführt von Fritz aus Stuttgart, war unser Wohnmobilstellplatz mitten im Regenwald am Hang des Pedra da Gavea. So war es auch nicht verwunderlich, daß wir zum allmorgendlichen Frühstück Besuch von Opossums und Kapuzineräffchen bekamen.

Am Sonntag statteten wir dann Downtown-Rio einen ersten Besuch ab. Mit dem Bus fuhren wir zunächst zum populären Ipanema-Strand und besuchten den dortigen Hippie-Markt … nicht aufregend! Deshalb machten wir uns nach einer kühlen Kokosnuß direkt auf den Weg zur gleich nebenan gelegenen weltberühmten Copacabana. Ehrlich? Mich hat der Strand nicht von den Socken gehauen, wahrscheinlich aber auch, weil er von Sonnenanbetern, Essbuden, Strandstuhl- und -schirmverleihen und fliegenden Händlern nur so vollgepflastert ist. Gut, es war ein Sonntag aber ich befürchte, daß es auch wochentags nicht viel anders aussieht … und derzeit ist brasilianischer Winter. Da mag ich gar nicht darüber nachdenken, was hier im Sommer in der Ferienzeit los ist. Ipanema war diesbezüglich angenehmer, obwohl auch dort primär die schiere Größe und Länge des Strandes im Vordergrund zu stehen scheint, nicht die natürliche Schönheit vor tropischer Traumkulisse … es sei denn, man mag Hochhausidylle 😜.




Das Highlight nicht nur des Tages, sondern eines des ganzen Besuchs in Rio war die Seilbahnfahrt auf den Zuckerhut am späten Nachmittag pünktlich zum Sonnenuntergang. Ein unvergesslicher Abend ergab sich, der von erstklassigen DJ-Rhythmen und einem famosen Sonnenuntergang begleitet wurde. Bei warmen Temperaturen, cooler Musik und leckeren Drinks tanzten wir entspannt in den Abend und genossen einen unvergesslichen Ausklang des Sonntags.


Am Dienstag stand bei uns der Besuch der Cristo-Redentor-Statue auf dem Programm, leider hatte der Tag morgens Bewölkung im Programm, so daß uns eine andere schöne Perspektive auf Rio-Stadt verwehrt blieb … egal! Die Fahrt hoch mit der Zahnradbahn war wenig aufregend, bewährte eidgenössische Technik halt 😁. Oben angekommen, mussten wir uns mit den täglich durchschnittlich 5.000 Besuchern um die besten Plätze für ein Selfie mit Cristo schlagen … erfolgreich versteht sich. Seitdem gibt es einen epischen Emoji-Sticker mit mir und Cristo, den ich absolut feiere 😎. Nachmittags ging es für uns ins Zentrum von Rio, wo wir einige architektonische Wunderwerke der Geschichte Rios und der Neuzeit bewunderten. Das gesamte Hafenviertel wurde für die Olympiade in Rio 2016 modernisiert und äußerst schön hergerichtet.



Für jeden Fussball-Fan ist letztlich ein Besuch des Maracana-Stadions ein unvergessliches Erlebnis und Pflichtveranstaltung eines Rio-Besuchs. Die Fussabdrücke von Pelé über Ronaldo bis hin zu Neymar Jr., die Umkleidekabinen der Stars von Flamengo Rio de Janeiro und der Spielertunnel, durch den ich auf den heiligen Rasen des Stadions laufen konnte, jagten mir als Fussball-Fan eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken.


Ein Besuch von Rio wäre unvollständig, wenn man nicht versuchen würde, sich auch ein möglichst objektives Bild von den abschreckenden Berichten zu den rund 1.000 Favelas in Rio zu machen. Eins vorweg: die Medien suggerieren durchweg ein Bild von hoher Kriminalität, Unsicherheit und Armut. Sei es beim Besuch der Copacabana, die man schon tagsüber kaum ohne potentiellem Diebstahl passieren könne, bis hin zu dem lebensbedrohenden Wagnis als Tourist eine Favela zu betreten. Großer Unfug! Wir hatten sowohl in Brasilien generell als auch explizit hier in Rio bisher keine einzige Situation, die man als kriminell oder unsicher bezeichnen könnte. Klar Bettler, Armut und soziale Ungerechtigkeit sieht man gelegentlich, jedoch keinesfalls mehr als auch in europäischen Großstädten.










So zogen wir mit Matheus, einem Einwohner der Favela Rocinha, durch sein Viertel. Wir sahen einen überwiegend selbstverwalteten Stadtteil mit eigenen Regeln, der sich jedoch durchweg gut strukturiert und den Menschen, die ihn besuchen, aufgeschlossen gegenüber präsentierte. Klar, die Regeln dort stellt keine Behörde, sondern das Drogenkartell, das sogenannte „Red Command“, auf, Strafen für Vergehen werden ebenfalls „intern ausgesprochen“ und dürften ganz sicher drakonischer sein als in der „normalen“ Welt. Deshalb gibt es auch wenig Kriminalität in Rocinha, jedoch ausgeprägten Drogenhandel … und zwar primär mit Konsumenten aus dem „normalen“ Rio. Harte Drogen, wie Heroin und Crystal Meth sind zudem verboten … ebenso deren Konsum innerhalb der Favela, Alkoholmissbrauch hingegen ein echtes Problem. Die gängigen Drogen von Ecstasy bis hin zu Kokain werden in den Strassen auf Tischen wie in einer Apotheke verkauft, wir sahen mehrere davon. Matheus wies uns immer darauf hin, wenn wir keine Fotos machen durften, weil Späher des Kartells Wache schoben. Wäre mir auch nicht in den Sinn gekommen, saß doch neben jedem Drogentisch ein „Wachmann“ mit Maschinenpistole vor der Brust, geladen und entsichert, wie uns Matheus versicherte. Ansonsten herrscht in der Favela betriebsamer Alltag, es gibt komplette städtische Infrastrukturen und sogenannte „McGyvers“, wie Matheus sie nannte … Menschen, die sich mit Einfallsreichtum darum kümmern, das alles funktioniert, von der Wasserversorgung über die Elektrizität bis hin zum Breitband-Internetempfang. Alles in allem ein prägendes und ernüchterndes Erlebnis, das uns mit Demut zurück lässt. Ernüchternd in dem Sinne, daß die mediale Beeinflussung in der westlichen Welt Matrix-ähnliche Ausmaße annimmt! Dir wird oft eine Welt suggeriert, die nicht der Realität entspricht. Für uns eine Bestätigung, daß man sich immer ein eigenes Bild machen MUSS, wenn man ein realistisches Bild von irgendetwas bekommen möchte. Denn:
„Die gefährlichste Weltanschauung ist die derjenigen, die die Welt nie angeschaut haben!“

Ein Gedanke zu „Eine Woche mit uns … in Rio de Janeiro“
Kommentare sind geschlossen.