Eine Reise durch Chile wäre unvollständig, würde man sich nicht auch mit seiner Geschichte beschäftigen, insbesondere mit der jüngeren Geschichte nach der Unabhängigkeit von Spanien ab 1818, der Wahl des weltweit ersten demokratisch gewählten marxistischen Präsidenten Salvador Allende 1970 und dem Militärputsch vom 11. September 1973, der einen gewissen Augusto Pinochet an die Macht brachte.

Wo kann man sich zudem besser mit diesem dunklen Teil der chilenischen Geschichte – der Militärdiktatur unter Pinochet – auseinander setzen, als hier im so wunderbar chaotischen und einmaligen Valparaiso, dem zentralen Ort chilenischen Widerstands zur Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit, Demokratie und Freiheit. Wie wir bei der heutigen Free-Walking-Tour von unserem Guide erfahren haben, ist die chilenische Geschichte der Zeit nach Allende in der Bevölkerung kaum bekannt, ebenso die unbeschreiblichen Greueltaten, die in den 17 Jahren der Militärdiktatur geschehen sind.
Am besagten 11. September 1973 inszenierte der damalige Innenminister Augusto Pinochet einen Militärputsch und forderte Allendes Rücktritt. Dieser weigerte sich jedoch, seinen Posten zu verlassen. Daraufhin befahl Pinochet der Armee, den Präsidentschaftspalast La Moneda zu bombardieren, in dem sich Allende mit seiner Familie und engsten Vertrauten befand.
Während des Gefechts beging Allende in der Moneda Selbstmord. Innerhalb von Stunden besetzte Pinochets Militär sämtliche Institutionen. In den Tagen nach dem Putsch spürte das Militär die Anhänger Allendes auf und verhaftete sie. Im Nationalstadion der Hauptstadt wurden Tausende von Häftlingen festgehalten und teilweise an Ort und Stelle ermordet.



Viele Chilenen hofften zwar, dass es nach dem Putsch bald wieder zu freien Wahlen kommen würde. Pinochet blieb jedoch bis 1989 an der Macht und wurde einer der gewalttätigsten Diktatoren in der Geschichte Lateinamerikas. Er machte Allendes Politik rückgängig, etablierte eine freie Marktwirtschaft und weitere tiefgreifende Veränderungen. Der Diktator eliminierte den Kongress, verbot linke Parteien und fast alle politischen Aktivitäten. Oppositionelle wurden brutal unterdrückt und ermordet.
Der Nationale Geheimdienst (Dirección de Inteligencia Nacional, DINA) hielt politische Gefangene in verschiedenen Teilen des Landes in Haft- und Folterzentren fest, darunter auch die deutsche Gemeinde Colonia Dignidad. Ungefähr 35.000 Menschen wurden in den 17 Jahren der Diktatur gefoltert oder ermordet. Weitere 3.000 Personen gelten bis heute als vermisst. Sie werden als Desaparecidos bezeichnet. Angehörige wissen teilweise bis heute nicht, was mit ihnen passiert ist. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass sie vom Geheimdienst verhaftet oder entführt und anschließend ermordet wurden.




Noch bevor Pinochet im Jahr 1990 nach den in 1989 statt gefundenen ersten freien Wahlen seit fast 20 Jahren, bei denen sich der Christdemokrat Patricio Aylwin durchsetzte, den Präsidentenpalast verließ, baute er diverse Klauseln in die Verfassung ein, die ihn immun gegen Strafen für seine Taten machten. Außerdem blieb er Oberbefehlshaber der Armee. Der Ex-Präsident blieb ungestraft, bis er 1998 auf Ersuchen des spanischen Richters Baltasar Garzón in London festgenommen wurde. Da viele verschiedene Länder beteiligt waren, wurde das Verfahren jedoch immer wieder verschoben. Pinochet starb am 10. Dezember 2006 im Alter von 91 Jahren, noch bevor er verurteilt wurde.
Vom Dunklen zurück ins Bunte … hier eine Kollektion der tollen Street-Art-Malereien in den Gassen Valparaisos:









Was für schöne Graffitibilder und Natalie passt da gut hinein. Habt weiterhin eine schöne Zeit und gute Reise. LG Ma🥰