Südliches patagonisches Eisfeld

Zwei Tage und drei Nächte fuhren wir also mit der „Crux Australis“ entlang des Südpatagonischen Eisfeldes nordwärts nach Puerto Yungay, dem Startpunkt der Carretera Austral.

Das südliche patagonische Eisfeld (Campo de Hielo Patagónico Sur) stellt das drittgröβte Eisfeld der Welt nach der Antarktis und Grönland dar. Die in dieser Breite vorherrschenden Westwinde sind nach tausenden Kilometern Reise über den Pazifik mit Feuchtigkeit gesättigt und werden an den südlichen patagonischen Anden zum Aufsteigen gezwungen. Dadurch kondensiert der Wasserdampf und es kommt zu oft intensiven Niederschlägen. Durch das generell kühle Klima sowie die häufige Wolkenbedeckung (geringe Einstrahlung) liegt die Schneegrenze niedrig, so dass sich das drittgrösste Eisfeld der Welt erhalten konnte. Die Auslassgletscher wie der Glaciar Perito Moreno, den wir auf der argentinischen Seite besucht haben, verfügen über genügend Eis, um die Seen des östlichen Vorlandes oder den Pazifischen Ozean erreichen zu können. Entgegen der meisten Gletscher weltweit führt der Klimawandel hier noch nicht zu einer Eisschmelze, ganz im Gegenteil. Die Gletscher des südpatagonischen Eisfeldes wachsen sogar noch!

Das südpatagonische Eisfeld ist sogar auf der Südamerika-Karte sehr gut zu erkennen …

Das südliche patagonische Eisfeld ist schwer zugänglich und auch wir haben bei der Fahrt entlang nur sporadisch einen Blick darauf werfen können … aber mit Abkömmlingen des Eisfeldes des nachts Bekanntschaft gemacht. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag legte die Fähre um rund 4 Uhr eine gefühlte Vollbremsung hin. Natalie wurde von einigen lauten Knallen wach, viele andere Passagiere ebenfalls … ich schlief friedlich weiter 😎. Eisberge – gekalbt aus den Gletschern des südlichen patagonischen Eisfeldes! Einigen kleineren konnte unsere Fähre nicht mehr ausweichen … deshalb die lauten Knalle von Eis auf Metall. Mit riesigen Scheinwerfern wurde die Wasseroberfläche abgesucht und im Schritttempo fuhr die Fähre um die größeren Eisberge herum und durch die kleineren durch.

Da dachten wir, daß wir aus der Eisberg-Gefahrenzone der Antarktis heraus wären und dann werden wir hier erneut mit diesen sanften aber für die Schifffahrt extrem gefährlichen Riesen hier in den westchilenischen Fjorden konfrontiert … einerseits gruselig, andererseits spannend … es sei denn man verschläft das Spektakel 😉.

Spektakuläre Sonnenaufgänge über der Bergwelt der Südanden …

Wie üblich gab es an Bord eine Zweiklassengesellschaft – Touristen und die eingeboren Chilenen. Die macht sich im normalen Umgang nicht bemerkbar, wohl aber bei der Buchung: Während wir ca. 155 € pro Person für diese Reise bezahlen, zahlen die Eingeborenen nur ca. 25 €. Einerseits ein ganz schön krasser Unterschied. Bedenkt man jedoch, daß der chilenische Staat den ganzen Fährbetrieb subventioniert und sich dadurch den Straßenbau spart, wird der geringe Preis für die Einheimischen nachvollziehbar.

Reizvolle Fjord-Szenerie – aber mit Norwegen nicht zu vergleichen!

Und tatsächlich dürfen wir im Auto schlafen! Offiziell ist das wohl nicht, aber es verbietet auch keiner. So bleiben auch viele PKW Fahrer lieber in ihren Autos als in den Pullmannsesseln des Großraumschlafsaals der Fähre zu nächtigen.

Puerto Eden – malerisch gelegen vor schneebedeckten Berggipfeln …

Ansonsten war die Fährfahrt unspektakulär, sowohl, was das Essen, als auch, was die Abwechslung anging. Sicher, die Fahrt durch die Fjorde Chiles ist landschaftlich sehr reizvoll aber nicht zu vergleichen mit den norwegischen Fjorden … die sind um Längen spektakulärer …

Das Essen? Unspektakuläres Kombüsenfutter – aber essbar …

Einziger „Höhepunkt“ hinsichtlich Action – sieht man einmal von dem Eisbergalarm ab – war der Zwischenstop inklusive regem Ein- und Ausladen von Waren aller Art in Puerto Eden, einem verschlafenen Kaff auf der Isla Wellington mitten im sonst kaum zugänglichen Parque Nacional Bernardo O‘Higgins.

Manch einer verschifft auf seiner PKW-Ladefläche unter einem Stapel von Waren ein Rudel Hunde … das hat nach 2 Tagen gestunken!

So kamen wir dank Eisberg-Safari mit rund 4,5 Stunden Verspätung in Puerto Yungay an, um uns in unser nächstes Abenteuer zu stürzen … die Fahrt auf der legendären Carretera Austral. Das jedoch ist eine andere Geschichte …